Die erste Hälfte der Nacht ist sehr unruhig, dann falle ich in einen tiefen, traumreichen Schlummer.
Mir träumt, ich bin im Elternhaus alleine und der lustige ältere Herr kommt zu Besuch. Wir wollen zusammen einen Film gucken. Doch bevor wir uns für einen Film entscheiden, biete ich ihm etwas zu Trinken an. Als ich in die Küche gehe, um den Trunk zu holen, kommen Freundchen und Flöte vorbei. Die Freude ist groß! Wir beschließen zu Grillen, bevor wir den Film gucken. Der lustige ältere Herr ist nicht begeistert, macht aber gute Miene zum bösen Spiel.
Ich werfe die erste Ladung Kartoffeln und Frikadellen in die Pfanne, während Freundchen das Grillgut auspackt. Überall Aktivität! Ich renne rauf und runter. Als ich nach einer zweiten Pfanne suche, kommt auch noch P. vorbei. Nach einer freudigen Umarmung biete ich ihm Kaffee an. Mit einem Mal ist Leben im Haus!
Später sitze ich mit einer Gruppe Menschen in einer Mischung aus Fernzug und Bus. In den Kurven legt sich das Gefährt ganz schön auf die Seite und ich lehne mich mit meinem Gewicht dagegen. Dann halten wir an und ich erbitte eine kleine Pause zum Pinkeln und Ausstrecken. Alle steigen aus. Die anderen sind eine amorphe Masse.
Ich stehe um sechs Uhr auf. Ein letzter Gang durch die Altstadt. Hier herrscht schon jetzt eine gewisse Betriebsamkeit, denn die Laubbläsermänner tun ihr lautes, aber nützliches Werk. Die Kabel an den Wänden sehen aus wie Spinnenbeine. Der Hafen ist betriebsam, die „Norwegean Pearl“ ist fort und hat die dicken Amerikaner mitgenommen. In der kleinen Bäckerei am Tito-Platz kaufe ich zwei „kleine“ Burek-Schnecken mit Käse. Eine will ich zum Frühstück verzehren, eine dann zu Mittag. Meine Mahlzeiten werden heute wohl nicht wirklich ausgewogen sein. Ich gehe zum Meer runter, schaue noch mal über die nun glatte Fläche. Wehmut überkommt mich, allerdings legt sich sofort eine dicke Schicht Reisefieber darüber. Da die Bänke alles regennass sind, gehe ich wieder aufs Zimmer, um dort meine erste Schnecke des Tages zu essen.
Nach dem Burek (Fettgehalt 137%) lese ich noch ein wenig auf dem Bett liegend, dann möchte ich langsam los. Noch einmal über den Tito-Platz und dann wanke ich wie ein schwer bepacktes Eselchen zum Bahnhof. Kurz vorher trinke ich noch bei McDonald’s einen Espresso.
Als ich am Bahnhof am Automaten ein Ticket ziehe, wird mir mitgeteilt, dass es jetzt noch einen zusätzlichen Schienenersatzverkehr gibt. Erst fahre ich mit dem Bus nach Divaca. Dort weiter mit dem Zug nach „Logatec“. Von dort geht es wieder mit dem Bus weiter nach Ljubljana. Das kann ja heiter werden!
Gewühle der Gefühle.
Wartezeit am Bahnhof. Eine alte Dampflokomotive rostet vor sich hin. Der Asphalt ist regennass. Erst ist es schwitzig warm, dann wird es kühler. Alle haben hier die Ruhe weg.
Der Automat verkauft mir ein Ticket und sagt mir, dass es nun auch noch einen zusätzlichen Schienenersatzverkehr zwischen „Logatec“ (was immer das auch sein mag) und Ljubljana gibt. Auch wenn ich nicht gerade Freudensprünge deswegen mache, bin ich doch wesentlich entspannter als früher. Vor zehn Jahren wäre ich vielleicht noch in Panik deswegen verfallen. Jetzt vertraue ich auf Gott und auf die slowenische Bahn.
Zugfahrt ab Divaca. Komme langsam in den Reisemodus. Aufregung schwindet, Gottvertrauen wächst. Werde schon ankommen. Die slowenische Eisenbahn tut auch ihr Bestes, dass ich mich auch so fühlen kann.
Wir knuffeln uns wieder näher an die Berge heran. Alles wird grüner draußen. Leichter Regen.
Ich esse den Mittags-Burek und noch die halbe Tüte Studentenfutter. Beim Öffnen der Tüte verreiße ich mich und kann sie nun nicht mehr wieder verschließen. Ich rolle die Tüte zusammen und stecke sie in den Safarihut. Den Kinnriemen ziehe ich ganz zu und so kann ich alles in den Klunterbeutel stecken, ohne dass die Nüsschen kullern. Das war es wieder für heute mit dem Essen. Kalorien habe aber auch wirklich reichlich bekommen.
Logatec. Hatte bei dem Wort einen hochtechnisierten Logistikpark im Kopf. Ist aber nur eine ganz normale slowenische Stadt, betont auf dem zweiten „a“.
Wir werden zum Schienenersatzbus gelotst. So langsam kenne ich das Spiel. Ich packe als Einziger meine Tasche ins Gepäckfach (bin auch der Einzige, der so etwas dabei hat) und bekomme gleich wieder Angst, etwas falsch gemacht zu haben. Kann mich aber wieder gut beruhigen.
Die Landschaft ist erst wellig, dann alpig.
Durch den SEV komme ich wesentlich früher in Ljubljana an als geplant. Das Hotel liegt neben dem linksalternativen Viertel. Gefällt mir hier hier. Wenn ich Hotel suche, muss ich nur den Hanf-Piktogrammen folgen.
Regen. Gehe in die Bar Platana, wo ich letztes Jahr schon die Kremsnita aß. Vielleicht gehe ich ja hier morgen Mittag dort hin. Schreibe einen Haufen Postkarten und trinke Espresso.
Nach dem Einchecken mache ich einen Spaziergang an der Lubljanica entlang. Der Regen hat nachgelassen. Die Restaurants, Kneipen und Pubs am Ufer öffnen. Lichter werden eingeschaltet, denn langsam, langsam wird es dunkel. Es ist wunderschön hier, aber in mir steigt die Flut der Sucht. Überall sehe ich Glaskrüge mit hellem Bier, Pints mit Guinness oder Gläser mit weißem Wein. Heute habe ich viel zu wenig Wasser getrunken. Dazu bin ich dann doch ganz schön müde. Das Essen war auch nicht sonderlich gesund. Dazu steigt auch ein bisschen das Heimweh. Die Beine tun mir weh. Der Wetterumschwung. Alles zusammen lässt den Suchtdruck wachsen. Noch besteht keine Gefahr, aber es können ja noch andere Dinge dazu kommen. Also gehe ich den Rest des Weges zügig und sehe zu, dass ich bald wieder ins Hotel komme. Dort trinke ich erst einmal eine Dose Pepsi Limette Zero.
Die Polizeisirenen hören sich hier genau so an wie diejenigen, die man aus amerikanischen TV-Serien kennt.
Bin wieder überrascht, wie viele Trinkwasserspender und öffentliche Toiletten es hier gibt. In Deutschland undenkbar. Man bekommt etwas ohne dafür zu bezahlen! Unerhört!
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