Mittelunruhige Nacht mit vielen wirren Träumen. Einer der Träume ist sehr schön, denn der Mensch, der mir unendlich viel bedeutet, nimmt darin meine Hand.
Der Wecker klingelt um halb sechs Uhr und ich stehe auf. Bei der Meditation bin ich stark abgelenkt, die Träume hängen noch im Kopf. Der Körper ist aber recht gut erholt. Vielleicht war die erhöhte Kalorienaufnahme da hilfreich, obwohl ich doch wieder mehr Schritte (und dazu viele Treppenstufen) gegangen bin?
Ein kleiner Spaziergang entlang der Ljubljanica am frühen Morgen. Die Stimmung ist hier wie in der Düsseldorfer Altstadt um diese Uhrzeit. In den engen Gassen führen Sprinter ihr Ballett auf. Weiße Klötze tanze umeinander. Vereinzelte Jogger. Vor den Cafés und Bars gönnt sich das Team noch eine Zigarette, während drinnen die dünne Frau den Boden feudelt.
Menschenbeobachtung. Am Flüsschen sitzt ein alter Mann auf einer Bank. Neben sich stehen sein Rucksack, eine Flasche Wein und ein Glas. Der Mann schaut in sein Smartphone. Sein Gesicht ist voller tiefer Falten, aber er lächelt trotzdem.
Viele junge Frauen sitzen auf Bänken und lesen in gedruckten Büchern.
Menschenbeobachtung. Ich bin im Wald oberhalb des Tivoli-Parks. Bin dort ganz alleine, denke ich. Doch da höre ich Stimmen einer Unterhaltung! Oben auf der Kuppe, beim Wegweiser, kommt mir dann ein einzelner alter Mann entgegen. Er verstummt, als er mich sieht.
Nationales Museum für Zeitgeschichte. Der Audio-Guide ist ganz gut. Er läuft über einen externen Dienstleister. Die Nutzung erfolgt über dessen Webseite oder über dessen App. Es könnten aber auch ruhig mehr Inhalte darin sein.
Die Kontextualisierung der Exponate finde ich ganz gelungen. Auch sind es nicht zu viele Exponate.
Leider ist viel zu viel los zu Beginn. Bin eingekeilt zwischen mehreren Führungen. Als ich die eine an mir vorüberziehen lasse, kommt schon die nächste. Ständig drängeln sich Leute an mir vorbei, es ist laut. Werde erst unruhig, dann wütend. Gehe erst einmal ins Foyer, um mich zu beruhigen. Ich bin nämlich kurz davor, den Besuch abzubrechen. Später, als keine neuen Gruppen nachkommen, gehe ich wieder hoch und ab da geht es ganz gut.
Das Museum beginnt mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs. Für mich neu ist der Krieg in Galizien, wo slowenische Truppen gemeinsam mit den östereichisch-ungarischen Truppen gegen die Russen und ihre Verbündeten kämpften (natürlich nicht freiwillig …). Man rannte mit großen „Hurra!“ gegen Maschinengewehr- und Artilleriestellungen an und es kam zu unvorstellbaren Verlusten (z.T. die Hälfte der angreifenden Einheiten an einem einzigen Tag). Später schaffte man trotzdem den Durchbruch durch die russischen Linien.
Im Raum zum zweiten Weltkrieg und der italienischen und deutschen Besatzung lerne ich auch einiges über die unrühmliche Rolle österreichischer Gruppierungen („Steirischer Heimatschutz“) auf dem Gebiet des heutigen Slowenien. So langsam komme ich hinter das seltsame Verhältnis der Österreicher zu den Slowenen.
In der Jugoslawischen Armee hatten die Serbokroaten das Sagen. Nahezu alle Offiziere waren Serben oder Kroaten. Hingegen gab es nach dem Prager Frühling eine Territorialarmee unter slowenischer Kontrolle. Es wurde slowenisch gesprochen, die Offiziere waren Slowenen. Man hatte eigene Waffen und sogar eine eigene Aufklärung, was später noch wichtig werden würde. Die jugoslawischen Generäle liefen Sturm gegen diese Entscheidung Titos, aber der hatte zu große Angst vor dem Warschauer Pakt.
Bemerkenswert ist, dass der 10-Tage-Krieg nicht sonderlich viel Raum in dem Museum einnimmt. Man könnte glaube, dass dieses Ringen um die Unabhängigkeit mehr gefeiert würde. Aber bis auf den Heckrotor eines von der Territorialarmee abgeschossenen jugoslawischen Hubschraubers gibt es nicht viel zu sehen. Interessant ist, dass die slowenische Territorialverteidigung im Krieg immer recht gut über die Aktivitäten der Jugoslawen informiert war. Sie hatten allerdings eine eigene Aufklärung und in den Reihen der jugoslawischen Armee dienten ja auch viele Slowenen. Es gab auch eine Menge Deserteure. Viele Slowenen und Kroaten machten sich aus dem Staub, weil sie nicht für die Serben sterben wollten. Auch wenn die Truppen der Jugoslawen erst ihre Ziele (die Besetzung der Grenzübergänge) erreichten, wurden sie von der Territorialverteidung und den Einheiten der slowenischen Polizei zurückgetrieben oder zum Aufgeben gezwungen.
Nach dem Museumsbesuch habe ich großen Hunger. Eigentlich möchte ich ins Restaurant Figovec, aber hier ist es sehr voll. Auch wenn vielleicht noch Plätzchen für mich frei wäre, habe ich Angst vor einem Schäferhund, der unter einem der Tische laut bellt. Früher hätte ich mich vielleicht dazu gezwungen, hier zu essen („Stell Dich nicht so an! Du wolltest doch slowenisch essen! Jetzt reiß Dich doch mal zusammen!“), aber jetzt gehe ich einfach.
Für einen Moment bin ich versucht, zum Goldenen Bogen zu gehen, aber ich laufe lieber die kurze Strecke zur Ljubljanica.
Vielleicht das montenegrinische Restaurant? Das sah doch auch ganz gut aus! Oder ein fetter Burger? Am Ende lande ich dann doch bei Abi Falafel und esse einen großen gemischten Teller. Falafel und andere Leckereien mit Salat und einem Schälchen frittierter Kartoffeln. Dazu Hummus, der gar wunderbar schmeckt. Ulkig, denn bisher mochte ich das nicht so. Satt ins Hotel für eine kurze Espresso-Pause.
Noch ein schöner Rundgang den Hauptbahnhof entlang nach Osten. Dann südwärts bis zur Ljubljanica. Dem Fluss auf der Südseite gefolgt und noch vor der Touristenmeile über eine Brücke. Dann direkt nordwärts zum Hotel.
Abends schreibe ich die letzten Postkarten. Eine davon schreibe ich, obwohl von vornherein klar ist, dass ich sie nicht abschicken werde.
25.532 Schritte und 50 Stockwerke. Fühle mich ganz gut.
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