Kieselblog

Flusskiesels Tagebuch

2025-08-04 Montag

Ganz ordentliche Nacht für einen Sonntag. Ohrenstöpsel sind nicht notwendig.

Mir träumt, ich bin auf der Arbeit und die Arbeit sieht aus wie ein Klassenzimmer. Aus irgendeinem Grund bekomme ich einen tönenden Bilderrahmen und ein DAB-Radio mit CD-Fächern geschenkt. Die CD-Fächer sind so angeordnet, dass das Gerät wie ein Toaster aussieht.

Der ehemalige Kollege T.L. sitzt neben mir und fragt mich, ob er morgen meine Stifte mitbenutzen kann. Ich bejahe, doch dann fällt mir ein, dass ich ja am nächsten Tag Homeoffice habe. Die Reinemachfrau aus Albanien kommt rein und schreit einen Kollegen auf einglisch an, er solle aufhören zu arbeiten („STOP YOUR TASK NOW! STOP YOUR TASK NOW!“). Ich hingegen studiere die Bedienungsanleitungen für meine neuen Geräte.


Pünktlich um vier Uhr stehe ich auf. Meditation klappt mittelgut, aber ich soll die ja nicht bewerten. Kraftfutter mit Banane und kleinem Apfel.


Im RE1 (RRX) um 5:23 Uhr nach Aachen zieht einer immer wieder seine Nase hoch. Notiz an mich: Papiertaschentücher einpacken zum Anbieten. Mich macht dieser Sound nämlich unglaublich aggressiv.

Übrigens habe ich heute ausnahmsweise meine Noise-Cancelling-Kopfhörer nicht in den Ohren. Merkt man das?


Wenn das wirklich stimmt, dass eine Steinzeitkommunismustrauppe für die Anschläge auf die Deutsche Bahn in der letzten Woche verantwortlich ist, dann gründe ich auch eine Terrorgruppe. Sie wird nur aus Mitgliedern bestehen, welche regelmäßig mit der Bahn fahren. Arbeitstitel: Pendlerblock


Leuchtreklame am Brauhaus Uerige: „Craft Beer since 1862“. Das finde ich lustig.


Das Lesen von „Die Verkrempelung der Welt“ lässt sich gut an. Ich versuche jetzt dann doch mal wieder, mich jeden Tag daran erinnern zu lassen, ein wenig weiter zu lesen. Bis jetzt hat es ja doch ganz gut geklappt, neue (gute) Gewohnheiten zu schaffen. Mein (vorsichtiger) Plan: Jeden Tag ein wenig lesen. Auch wenn es nur zehn Minuten sind oder ein Kapitelchen.


Das Draußen ist schwül warm. Nicht ganz wirklich tropisch, aber trotzdem irgendwie unangenehm. Dazwischen kühlender Wind. Wieder so ein Nervenwetter. In der letzten Woche hat mich das ja dann fertig gemacht.

Am Morgen werden die Schuhe eng und ich schnüre sie weiter. Der Körper lagert passend zum Wetter wieder Wasser ein.


Die Trauer ist wieder da und das ist in Ordnung. Trauer ist ok. Trauer gehört dazu. Ich höre das Lied „Finale“ von DVA (ein Lied aus dem Soundtrack des Spiels „Botanicula“) und sofort ist der Kloß im Hals wieder extra dick. Das Lied ist so fröhlich und doch erinnert es mich an ein Leben, dass ich selber zerstört habe.

Der Florapark in der Mittagspause ist ein guter Ort für diese Trauer. Hier ist es ruhig. Ein Mann in Flecktarnhose und mit Flecktarnrucksack packt seine Siebensachen zusammen. Was von seinem Leben nicht in den Rucksack passt, kommt in eine riesige Woolworth-Tüte. Überall auf den Mülleimer stehen leere Bierflaschen. Manchmal kommt das vergangene Leben wie eine Welle angerauscht und die Zukunft ist ein schwarzer, schwerer Felsen. Vergangenheit und Zukunft zerquetschen dann die Gegenwart.


Mit Trauer und Angst im Herzen zum Hauptbahnhof. Kopfschmerzwetter. Die Bewegung tut gut. Das Fasten tut gut.

Das Gegenteil von Depression ist nicht Fröhlichkeit. Das Gegenteil von Depression ist, dass es weiter geht. Dass es einen Weg gibt. Dass es eine Zukunft gibt.