Kieselblog

Flusskiesels Tagebuch

2025-08-08 Freitag

Mittelgute Nacht ohne Stöpsel. Träume verfliegen im Dunst des Morgens.

Das Draußen ist warm. Ich gehe im Hemd zum Zug. Der Geist ist noch nicht auf der neuen Spur. Ihm ist zu viel Platz in dem großen Universum. Er muss sich erst daran gewöhnen.


Düsseldorf. Wieder kentert die Tide zwischen Tag und Nacht. Ich biege ich in die Bendemannstraße ein, ohne groß nachzudenken. Weihrauchartiger Geruch liegt in der Luft. Eine einsame Frau hockt in einem Hauseingang, das Gesicht hinter langen Haaren verborgen. Auch in den anderen Hauseingängen hocken Leute, meist Männer. Sie reden leise, rauchen oder sie stieren stur vor sich hin. Einer sitzt am Straßenrand in seinem Rollstuhl. Alle scheinen auf etwas zu warten.

Als ich um die nächste Ecke biege (ich gebe zu, dass sich mein Schritt beschleunigt hat), sehe ich Blaulicht. Drei Rettungswagen stehen in der Straße, eine Drehleiter ist ausgefahren. Sonst sieht man hier weder Polizei noch weitere Feuerwehr. Ich gehe weiter.

Das Rheinufer ist heute morgen nicht sonderlich anziehend. Krähen kämpfen um Pommes aus einer KFC-Tüte.


Selbstdiziplinierungsversuch (als ob ich das nach einem Gewichtsverlust von mehr als 70kg in etwas über einem Jahr noch nötig hätte!): Jeden Tag am Roman arbeiten. Wenigstens nur zehn Minuten. Mein Ziel ist es, am Ball zu bleiben. Nicht wieder aus dem Trott zu kommen.

Einen Tag habe ich schon geschafft.


ANGRIFF DER ATOMQUALLEN


Ich habe da diese Aktentasche. Ein lieber Kollege hat sie mir mal anlässlich seiner pensionsbedingten Büroausräumen geschenkt. Es handelt sich um eine recht große Aktentasche, aber schon mit Laptopfach. Sie ist aus schwarzem Kunstleder. Sie steht nun schon seit langer Zeit in meinem Büro herum und nun will ich sie mit nach Hause nehmen. Auch wenn ich sie kaum benutzt habe, mag ich die Tasche. Sie ist so altertümlich und hat so wunderbar durchgedachte Fächer. In meinem Alter wird sie keinen Platz finden, denn ich trage ja Dinge wie Laptops immer im Rucksack mit mir herum (bis auf den Alpha, denn der passt in die lederne Umhängetasche). Auf der einen Seite brauche ich die Tasche nicht, auf der anderen Seite mag ich sie. Sicher wird sie zu den anderen Taschen und Rucksäcken unten im Kleiderschrank wandern. Gleichzeitig beginnt mein Gehirn, einen Anwendungsfall für sie zu finden. Würde sie sich als Außentasche für Fernreisen eignen? Um z.B. dort Reiseproviant und den Laptop zu verstauen? Ich mag es nämlich überhaupt nicht, im Zug während der Fahrt den Dufflebag (den großen Reisetaschenrucksack) aus dem Gepäckfach zu holen, um darin herum zu kramen.

Oder ich warte einfach, bis mir ein guter Anwendungsfall vor die Füße fällt. Da die Aktentasche aus Kunstleder ist, hält sie ja fast ewig.


Mittagspause. Park am Stadtmuseum Düsseldorf. Außerhalb des Parks schreit ein Mann ausufernd herum. Er meckert, schimpft, dann brüllt er jubelnd. Wir Parkbesucher sind von ihm zum Glück durch Mauer und Wassergraben getrennt.

Später laufe ich über die Landzunge im Schwanenspiegel. Zwei junge Frauen teilen sich Erdbeerkuchen und unterhalten sich in einer slawischen Sprache. Ein Stück weiter ist eine andere junge Frau (sie gehört offenkundig nicht zu den Kuchenesserinnen) dabei, die Wasserfläche anzuschreien. Sie schimpft und flucht, rudert mit den Armen. Auch sie benutzt eine slawisch klingende, mir vollkommen unverständliche Sprache.

Liegt es am Wetter?


Ich lese „Die Verkrempelung der Welt“ zu Ende und kann das Buch durchaus empfehlen: Unterhaltsam und anregend. Ich hinterfrage mein Konsumverhalten – oder besser: Was mich zu meinem Konsumverhalten bringt.

2 Antworten

  1. Ich versuche es mir abzugewöhnen, merkwürdiges Verhalten meiner Mitmenschen zu hinterfragen. Das würde mich doch zu sehr beschäftigen. Die Zeit habe ich einfach nicht. 😉
    Die Buchempfehlung kling interessant. Kommt auf den Zettel.
    Einen entspannten Start ins Wochenende …

    1. Markus Becker

      Hinterfragen tue ich das Verhalten vieler Mitmenschen auch nicht mehr – dafür bin ich zu alt. 😉
      Es ist bei mir eher eine Art Faszination.

      Dir auch einen guten Start ins Wochenende!