Die Nacht ist so la la. Mir träumt, ich bin Figur in einem Film und begleite eine amerikanische Familie in eine Konditorei. Die Tochter der Familie. wünscht sich so sehr, dass sie einmal einen Kuchen aus diesen ganz besonderen Keksen backen und dieser dann von der schönen Konditorin gelobt wird. Ich aber weiß, dass das niemals geschehen wird und bei dieser Erkenntnis kommen mir die Tränen.
Dann fahre ich mit einer Arbeitskollegin zur Dienststelle. Wir waren beide einmal in der Rheinklinik in Bad Honnef und tauschen uns über unsere Erfahrungen dort aus. Die Dienststelle ist ein großer Rittersaal und es wird am langgezogenen Tischen im Stehen gearbeitet. Die von mir Angebetete ist auch da. Die Post kommt und einer der Poststellenmitarbeiter klagt mir sein Leid: Er solle jetzt einem hohen Tier zuarbeiten. Der Mann sei unangenehm und würde ihn überfordern. Es würde viel Post aus Frankreich ankommen,weil das hohe Tier „mit so Leuten von der NATO abhängt“. Ich rate ihm dringend, den Personalrat einzuschalten.
Draußen kreist ein Kampfhubschrauber. Plötzlich bricht er durch eines der großen Fenster in den Saal. Ich befürchte ein Massaker. Ich rufe laut „Alle raus hier!“. Auf dem Weg zum Ausgang sehe ich mich nach Deckung um, aber die Möbel hier sind viel zu dünn, um den Geschossen der Maschinenkanone des Hubschraubers standzuhalten.Wo ist die Angebetete? Mein Herz friert ein vor Angst. Am Ausgang bleibe ich stehen und suche verzweifelt in der Menge der Fliehenden nach ihrem Gesicht. Da ist sie! Ich schnappe mir ihre Hand und ziehe sie nach Draußen. Dort sind wir in Sicherheit. Die Angebetete beugt sich zu mir hin und stupst mit ihrer schönen Nase meine Lippen an. War das Absicht oder ein Versehen? Sie sagt,es sei Absicht und nimmt mich in den Arm. Ich weiß, dass ich das nicht sagen soll, aber ich flüstere ihr ins Ohr, dass es mich fast zerreißt.
Ich stehe um acht Uhr auf. Da ich kein Frühstück gebucht habe (lohnt sich für mich nicht mehr), checke ich zeitig aus und fahre nach Villach. Es regnet ausgiebig und ich danke im Stillen (und jetzt hier im Lauten) der besten Ex-Frau von allen für ihren Rat, eine Regenjacke einzupacken.
Wegen des Regens und dem Gepäck (es scheint keine Schließfächer zu geben) verzichte ich auf einen Besuch der Innenstadt und gammele am Bahnhof herum. Bis zur Weiterfahrt nach Slowenien dauert es noch eine Weile.
Auf Bildschirmen laufen Videos, welche die Aufräumarbeiten bei der ÖBB nach dem furchtbaren Unwetter zeigen: Tunnel sind vollgelaufen, die Infrastruktur hat einen schweren Schlag erhalten.
Meine Stimmung ist ganz gut, denke ich. Zwar steigt dieNervosität wegen der Reise wieder, ich übe mich aber in achtsamer Geduld und Bedürfnislosigkeit.
Die Wartezeit verbringe ich mit Lesen. Die digitale Leseliste sowie der Feedreader sind recht gut gefüllt. Zum Frühstück ein Körnerbaguette (Kümmel!) mit Käse, dann ein „Verlängerter“.
Bekomme schnell wieder Bauchhunger. Versteh meinen Körper, wer will!
Langsam verstehe ich hingegen wieder die Schnüre und Knöpfe am großen Rucksack besser. Viele davon sind sehr sinnvoll und helfen mit, das Gewicht des Gepäcks besser zu verteilen Umso ärgerlicher, dass ich ihn nach dieser Reise wegwerfen muss, denn sein Gummi ist nicht nur klebrig – es macht auch Gegenstände klebrig, die damit Kontakt haben. Oder kann man das Gummi irgendwie retten?
Laut Internet (Quelle: Internet) soll WD-40 helfen. Ist das amerikanische Wunderkriechöl die Rettung?
Der Zug nach Laibach wird bereitgestellt. Männer in gelben Westen kuppeln Waggons und rufen sich Dinge auf Kärntnerisch zu. Würden sie slowenisch sprechen, ich würde nicht weniger verstehen!
Erst ein moderner ICE 3, dann ein altehrwürdiger EuroCity und nun hat das Zugklo tatsächlich noch eine Klappe, durch die alles auf die Gleise fällt.
Ich fühle mich ein wenig transzendent, was aber nichts mit der Zugtoilettezu tun hat.
Ein amerikanisches Paar setzt sich zu mir ins Abteil. Erstaunlich, wie viele Amis hier unterwegs sind!
Ängste steigen in mir auf, dass ich im falschen Zug sitzen könnte. Dabei steht sogar am Zug selber dran, wo es hingeht! Die Angst ist allerdings schon schwächer als früher und ich kann sie annehmen.
Die Mitfahrenden wechseln, der Zug klappert.
In Laibach spurte ich mich, um meinen Anschlusszug nach Divaca zu bekommen. Das Gleis muss ich mir von einer digitalen Tafel holen. Klappt! Der nächste Zug könnte auch in Deutschland als Regionalbahn fahren. Sogar ein paar Minuten Verspätung hat er! Übrigens können auch Slowenen empört gucken, wenn ihr Zug zu spät abfährt. Da ich in Divaca mehr als eine Stunde Aufenthalt habe, bin ich entspannt.
Die Landschaft ist hier in der Gegend sehr bergig.
Ich kann den Thronfolger verstehen, wenn er sagt: „Das ist hier alles wie zu Hause!“ – wer es exotisch mag, sollte wohl besser woanders hinfahren. Mir gefällt das Land bisher (allerdings habe ich lediglichein wenig Anschauung durch die Zugfenster).
Selbst kleine Bahnhöfe sind gepflegt (zugegeben: Es sind sicher auch nicht ganz so viele) und scheinen alle eine Toilette zu haben. Die in Divaca ist frei zugänglich und kostenlos.
Ein junger Mann weist mir den Weg zum Bus, denn die Schrecken des Schienenersatzverkehrs sind auch Slowenien nicht unbekannt.
Was für eine Landschaft!
Als ich am Busbahnhof nach dem Weg in die Kartenapp schaue, spricht mich ein muskelbepackter Security-Mann an. Ob ich Hilfe brauche. In die Stadt wolle ich? Einfach dem Kirchturm nach! Am McDonald’s-Turm vorbei!
Der Weg ist für mich anstrengend. Ich trage meinen schweren Kleberucksack, die Tasche für den Thronfolger und dusseligerweise auch noch meine Übergangsjacke. Es ist mediterran warm.
Das Zimmer im Hostel ist sehr klein, aber schnuckelig. Mein Bad ist einmal über den Gang und ich bin froh, meinen Schlafanzug einpackt zu haben.
Doch erst einmal mache ich einen Spaziergang zum Meer. Die Stadt ist herrlich! Das Flair ist herrlich! Eigentlich hatte ich ja mit dem Gedanken gespielt, heute Abend zu fasten (bis auf das Kümmel-Baguette habe ich nichts zu mir genommen), aber da lockt mich eine nette, kleine Pizzeria (,,Pizzeria Marina“) in ihre Inneres. Ich esse eine (natürlich) große Lachs-Pizza für 12-13 Euro. Sehr lecker, sehr reichhaltig. Danach rolle ich den Hafen entlang.
Ich denke, ich werde hier viel Fisch essen in den nächsten Tagen!
Ich bin ein wenig verknallt in die Stadt.
Doch dann bin ich müde und mir tun die Knochen weh. Im Hotel springe ich unter die Dusche und tüte ein paar Briefe ein, die ich unterwegs geschrieben haben. Mal schauen, ob ich morgen ein paar Briefmarken besorgen kann.
Gegen 21 Uhr ins Bett.

Es geht in Klagenfurt los



