Klaus schritt kräftig aus, denn er hatte heute besonders viel Energie. Heute war ein besonderer Tag! Heute war ein ganz besonderer Tag!
Heute beschien eine fröhliche Frühlingssonne seinen Feierabend und heute machte ihm sogar die ausgefallene Straßenbahn nichts aus, denn heute war ein so schöner Tag, dass er auch zu Fuß bis zu seiner Wohnung in der Nachbarstadt gelaufen wäre. Die Playlist in seinem Handy spielte ihm genau die richtige Musik in die Ohren. Vielleicht war dieser Tag sogar einer, den er sich später im Kalender anstreichen und dessen er jedes Jahre gedenken würde!
Heute hatte er nämlich die neue Kollegin aus der Registraturannahme gefragt, ob sie mit ihm mal einen Kaffee trinken wolle und sie hatte sofort ohne zu Zögern ja gesagt!
Sie würden beide mal zusammen Kaffee trinken gehen! Nur sie beide! In einem richtigen Café und nicht in der Kantine!
Klaus konnte sein Glück kaum fassen! Seitdem die junge Frau das erste Mal in sein Büro gekommen war, um sich ihm vorzustellen, war er in sie sturzverliebt. Immer und immer wieder war er in seinen Erinnerungen an diesen einen Augenblick zurückgesprungen, an dem sie vor ihm gestanden und ihm verlegen grinsend die Hand zum Gruß hingehalten hatte. Sie war so schüchtern, so mutig, so verspannt und so cool gewesen!
Seit diesem Tag hatte sich Klaus der Kollegin vorsichtig angenähert, ständig in der Angst, dass er es übertreiben, sie verschrecken könnte. Die Vorstellung, dass sie sich von ihm belästigt fühlen könnte, verursachte ihm körperliches Unbehagen. Doch trieb ihn noch eine andere Angst an: Die Angst, dass ihm ein anderer zuvorkommen könnte! Als die Kollegin auf der letzten Altweiberparty so lange mit dem jungen Mann aus der Warenausgabe geredet hatte, war Klaus vor Eifersucht fast vergangen.
Doch jetzt hatte er sich ein Herz gefasst und sie hatte gelächelt! Für einen kurzen Moment hatte er panisch gedacht, ihr Lächeln wäre spöttisch oder unsicher gewesen, doch dann hatte sie einfach ,,ja, gerne!“ gesagt und für eine ganz kleinen Moment war Klaus der glücklichste Mensch der Welt gewesen.
Nun schritt Klaus, wie bereits erwähnt, kräftig aus auf dem Weg nach Hause. Er malte sich aus, wie gut sich die beiden unterhalten würden und dass diesem einen Treffen noch viele andere folgen würden. Sie würden miteinander vertrauter werden und dann würde es bald zu kleinen, verstohlenen Gesten der Zuneigung kommen: Ein kleiner Blick, eine sachte Berührung da.
Das Glück füllte Klaus immer mehr an. Sein Herz sang vor lauterer Freude. Es war kaum auszuhalten! Immer stärker wurde das Glück in ihm. Erst glaubte Klaus, er würde gleich fliegen können, doch dann wurde ihm klar, dass das Glück ihn von innen aufblähte. Sein Kopf dröhnte. Plötzlich waren Schmerzen da, doch Klaus konnte nicht aufhören, sich zu freuen. Amalia! Wunderschöne Amalia! Du wirst mein sein und ich Dein!
Die Detonation zerstörte einen halben Häuserblock, darunter ein Brautmodengeschäft.
23 Menschen starben.
Wo Glück ist, da muss auch Leid sein.