Die Nacht verläuft ganz gut. Ich schlafe schnell tief ein, wache mit Schrecken auf und es sind zwei Stunden vergangen. Das passiert wie üblich die ganze Nacht hindurch. Mein Takt in der Dunkelheit.
Ab drei Uhr liege ich mehr oder weniger wach und warte auf die Nachrichten um vier Uhr.
Der Morgenhimmel verheißt nichts Gutes. Eine Gefahr zieht auf, doch noch versteckt sie sich im Dunkeln. Aber sicher bilde ich mir das nur ein.
Habe mich selber wiedergefunden. War zu sehr verstrickt im Gestrüpp der Welt. Im Kreise rennend, habe ich mich immer tiefer eingewickelt in die Ranken. Nur mich selber habe ich dabei fast wieder verloren. Doch nun geht es wieder besser. Zurück in der Spur. Noch immer trocken.
Das Lied „Als ich jung war“ von Rainald Grebe scheint mir die ideale Boomer-Hymne zu sein.
Jugend lädiert für Olympia
Mein Leben besteht gerade aus einem permanenten Vor-mir-selber-Weglaufen und Mich-selber-wieder-einfangen.
Am Nachmittag bin ich dann wieder außer mir. Das meine ich nicht im Sinne von „sich aufregen“, obwohl man dann ja auch außer sich selber ist. Ich verlasse einfach mein Selbst und mein Selbst macht von alleine weiter. Das ist unschön. Eine unschöne Variante der Transzendenz. Zum Glück dauert es nicht so lang und ich finde ich mich selber wieder. Falls es wen es interessiert: Ich finde ich selber im Büro sitzend wieder. Zum Glück bin ich nicht so leicht zu übersehen.
Irgendwann später bin ich wieder so halb ganz bei mir und da ist dann auch die Schönheit. Keine Schönheit, die von innen kommt wie von Spezial-Dragees und auch keine Schönheit von mir selber (ich erinnere mich daran, wie die Figur Adler im Film „Unterwegs nach Woanders“ sagt: „Ich muss nicht hinfahren, wo es schön ist! Schön bin ich selber!“). Es ist eine Schönheit, die vor mir steht und mich anstrahlt und es ist wundervoll, dass ich das jetzt erleben kann, wo ich doch wirklich da bin und nicht ganz vernebelt oder versprüht oder verteilt im Nirgendwo.
Gerade übe ich mich darin, aktiv den Mund zu halten. Das gilt für die digitale Sphäre sowie die analoge Kohlenstoffwelt. Klappt aber nicht immer, das gehört aber auch zum Lernen dazu.
In Duisburg Großenbaum brennt ein Kabelschacht. Chaos im Nah- und Fernverkehr. Die Kollegin, die auch in die selbe Richtung fährt und ich versuchen, irgendwie ins Ruhrgebiet zu kommen. Zu dem Chaos kommen noch wegfallende Waggons. Die Menschen quetschen sich in den RE 3, der über die schnell wieder freigegebene Güterzugstrecke um den Düsseldorfer Flughafen herum umgeleitet wird. Da die Kollegin ein wahrer Nahverkehrs-Spürhund ist, haben wir rechtzeitig einen Sitzplatz bekommen, jedoch empfinde ich die gedrängte, gestresste und leicht aggressive Stimmung im Zug als sehr unangenehm. Wenigstens ist die Anwesenheit der Kollegin sehr angenehm.
Ich brauche ungefähr 1,5 Stunden länger als gewohnt für die kurze Strecke zwischen Düsseldorf und Duisburg. Die Kollegin muss noch weiter.
Ein schneller Einkauf später bin ich zu Hause und bereite das Essen für Freitag vor. Es gibt eine neue Art von Baguette mit Scamorza-Käse und Gurke. Wenn ich aus Slowenien wiederkomme, werde ich wohl wirklich einen neuen Sauerteig ansetzen.
Zeitig zu Bett.