2024-07-15: Aggressionen und die Faszination für Hundehafen

Die Nacht ist ganz gut. Bis auf den einen Schreier draußen ist es ruhig. Wohl wenig Engländer und Spanier hier in Neudorf.

Mir träumt, es wäre eine Veranstaltung in einer Schule, bei deren Organisation ich mithelfe. Die beste Ex-Frau von allen hat das irgendwie klar gemacht. In der sonst menschenleeren Schule versammeln sich Leute in feiner Kleidung in der Aula. Alle Stühle sich weggeräumt und man hat eine Art Labyrinth aufgebaut. Die Leute geben ihre Smartphones ab und diese werden auf einem Tisch gestapelt. Ich wundere mich darüber, wie jeder später sein Handy wiederfinden will. Dann ziehen alle Schweißermasken auf und es beginnt ein Laser-Tag-Spiel. Später fällt mir ein, dass ich ja noch den Ersatzschlüssel für die Aula einem Lehrer der Schule hätte abgeben müssen! Ich beschließe, dem Lehrer eine E-Mail zu schreiben und den Schlüssel dann mit der Post zu schicken. Das alles erzähle ich der besten Ex-Frau von allen, während sie uns in einem roten Auto herumkutschiert. Plötzlich ist sie weg! Schnell schalte ich die Warnblinkanlage ein und klettere auf den Fahrersitz. Dann steuere ich den Wagen an den Straßenrand.
Was soll ich jetzt tun?


Der Radiowecker geht erst um halb sechs Uhr an. Ich habe ihn vergessen, in den Urlaubsmodus zu versetzen. Doch ich kann wieder einschlafen und stehe um sieben Uhr auf.

Die Sonne hat schon eine Menge Kraft.


Ich habe ja noch (von Weihnachten?) zwei Flaschen Orangensaft, die so langsam mal verbraucht werden wollen. Jetzt, wo ich frei habe und morgens zu Hause frühstücke, trinke ich dazu jetzt immer ein Glas davon (Kalorien nur zu den Mahlzeiten, Ihr erinnert Euch?). Das macht mir gute Laune und ich singe das Lied ,,Tatatatata Puuuh!’’.


Ein paar gequirlte Gedanken zu Aggressionen.

Ich sitze im Zug nach Düsseldorf. Immer wieder denke ich darüber nach, warum die Menschen immer gemeiner werden.

Sicher bin ich dabei nur, dass es sich um ein Bündel von Ursachen handelt: Die algorithmusbasierten Netzwerke bespielen uns mit Schlechte-Laune-Content, der unser Angstgehirn triggert. Es sagt uns: „ Da ist Gefahr! Da müssen wir genauer hinsehen!“ Das tut unser Gehirn dann und wird dabei immer besser.

Die Nachkriegsordnung, welche für viele trotz Atomkriegsgefahr doch immer eine gewisse Sicherheit hatte, brach irgendwann zusammen. Im Osten wurden ganze Biographien hinweggefegt und im Westen spürten die Sieger-Wessis bald, dass der Kapitalismus auch ihnen auf den Fersen war.

Konnte man gegen das atomare Wettrüsten noch demonstrieren oder glauben, dass das Rüsten den dritten Weltkrieg verhindern würde, so hilflos fühlt man sich dem Klimawandel gegenüber.

Zumal sich die Situation nicht bessern wird. Egal, was man tut: Es wird höchstens einfach nur etwas weniger schlimm. Das Klammern an die Symbole der alten Zeit voller Fortschritt (Autos, Ölheizungen, das kleine Häuschen im Grünen) ist deswegen so besonders stark.

Die Corona-Pandemie wirkte dann wie ein Katalysator. Das Leben funktionierte nicht mehr wie gewohnt und der Konsum hielt seine Versprechen nicht ein. Entweder gab es nichts, weil die Lieferketten zusammenbrachen oder man spürte, dass Netflix nicht das Leben füllt. Flucht und Extase waren nicht mehr möglich, weil verboten. Dazu durfte man Menschen nicht mehr sehen, die einem etwas bedeutet haben. An dieser Stelle möchte ich mal wieder die Lektüre von ,,Die Pest“ empfehlen, wo Camus das Leiden der Getrennten beschreibt und wo der Mangel an Alltäglichem die Menschen gerade davon abhält, unzufrieden zu sein. Bei uns hockte ein großer Teil der Bevölkerung auf Bergen von Essen und mit Seen voller Alkohol zu Hause. Da auf den Straßen aber keine Toten lagen, gab es nur das Ventil der Bockigkeit. Endlich hatte man einen Schuldigen für die Zudringlichkeiten von Kapitalismus, Klimwandel und Pandemie gefunden: Den Bundesgesundheitsminister, bzw. die Regierung, die Behörden.

Die Menschen wollten sich gerne vor der Welt in ihr Schneckenhaus zurückziehen, aber da fanden sie nur sich selber vor und das ist für sehr viele Leute das Schlimmste, was sie sich vorstellen können.

Ein lieber Mensch, den ich kenne, arbeitet in der Gastronomie und erzählte mir, dass die Kunden seit der Pandemie unglaublich ungeduldig und aggressiv geworden sind. Es ist ihnen alles zuviel und auf kindische Art und Weise wollen sie sich dann in Burger und Cola flüchten. Dauert es ihnen dann (wenn auch nur gefühlt) eine Minute zu lang, empfinden sie das als unerträglich. Sie fühlen sich eingekreist und gegängelt von der ganzen Welt. Dabei sind sie es eigentlich nur selber, was sie in ihrem Nacken spüren.

Natürlich drängt die Angst und natürlich treibt der Kapitalismus mit Bedürfnislust und Leistungsdruck, aber sie finden nicht den Weg aus dem inneren Hamsterrad. Da der Kapitalimus nie ein Ende findet (außer im total Zusammenbruch), dreht er die Schraube weiter und weiter. Noch läuft die Maschine, aber die ersten Teile werden heiß und hier da klappert es gewaltig.

Noch könnten wir umsteuern, aber dazu müsste jeder und jede für sich selber umsteuern und aufhören, dass dumme Spiel von Aufmerksamkeit und Dauerkonsum mitzuspielen.

Eine Lösung für das Problem habe ich leider nicht.


Ab und an schaue ich ja gar nicht mal so gerne ins Forum des Online-Magazins „Telepolis“ rein. Das ist ungefähr so, als wenn man wider Willen fasziniert einen Hundehaufen anstarren.
Das mit Abstand Irrste, was ich bisher zum Ukrainekrieg gelesen habe, stand dort: Nämlich, dass der Einmarsch der Russen in die Ukraine am 24.02.2024 mit 100.000 Soldaten und hunderten von Panzern gar keine Invasion gewesen sei! Nein! Putin habe mit dieser Aktion die Ukraine vielmehr endlich zu Verhandlungen zwingen wollen.
Schade, dass Hitler 1939 nicht auf diese Idee gekommen ist! Der zweite Weltkrieg würde heute ganz anders gesehen werden!


In der Universitätsbibliothek schiebe ich eine ganze Szene in den Papierkorb (nicht wirklich: Es gibt einen Ordner ,,verworfen“). Werde ich wohl neu schreiben müssen. Dann gehe ich in der Caféteria einen Kaffee trinken. Hinter mir in der Kassenschlange unterhalten sich zwei Stundenten. Der eine kann gar nicht verstehen, dass andere den Filterkaffee für 1 Euro kaufen und nicht den Kaffee Creme für 1,50 Euro, weil der doch so viel besser schmecke. Mir schmeckt der 1-Euro-Kaffee überraschend gut.
Ich denke nach und später telefoniere ich mit Freund J. Jetzt weiß ich, wie ich die Szene am besten aufteile und neu anlege.

Abendessen im Finkenkrug. Es gibt noch BrewDog IPA alkoholfrei vom Fass und das macht mich froh. Es gibt vegetarischem Burger mit veganem Speck. Irgendwie scheint das 3-Mahlzeiten-am-Tag-Modell gut zu funktionieren, denn ich bekomme den Burger runter, aber nicht die Beilagen (Cole Slaw und Pommes). Ob sich mein Magen schon ein wenig verkleinert hat?