Unruhige Nacht. Mir träumt, ich habe einen langen Aufenthalt am Düsseldorfer Hauptbahnhof und möchte dort Postkarten kaufen. Im kleinen Souveniershop neben dem Haupteingang (gibt es nur im Traum) finde ich tolle Karten und sogar Sammelbriefmarken! Leider fällt so eine komische Lampe herunter und der herbeigerufene Techniker meint, die sei jetzt kaputt und da ich schuld sei, müsse ich 300 Euro bezahlen. Mit breiter Brust weigere ich mich, für den Schaden aufzukommen, denn schließlich habe ich die Lampe nicht beschädigt. Selbst Drohungen mit der Polizei nützen nichts, ich bliebe hart.
Irgendwann legt sich die Aufregung und ich unterhalte mich schon fast normal mit dem Inhaber des Ladens. Wir verabschieden uns mit den Worten, dass wir uns ja vor Gericht wiedersehen und ich verlasse den Laden. Draußen fällt mir auf, dass der Mann ja meine Adresse überhaupt nicht hat und laufe schnell weg. Im Zickzack geht es durch den Hauptbahnhof. Durch eine Tiefgarage gelange ich ins Freie und gehe ziellos umher. Dann komme ich in mein neues Zuhause, wo ich zusammen mit einer Frau aus Ghana auf dem Sofa sitze und Bob Marley höre. Sie meint die ganze Zeit, ich als Weißer könne die Musik von Bob überhaupt nicht richtig verstehen. Ich finde es ein wenig schade, dass so gar kein richtiger Austausch zustande kommt. Immerhin drückt sie sich nah an mich heran, was mir irgendwie gefällt.
Dann kommt jedoch ein Podcaster zu Besuch, der in meiner Küche einen Bahnblogger interviewen will. Ich vergesse erst, ihnen etwas zu Trinken anzubieten, aber sie bedienen sich selber, was ich gut finde. Ein niedlicher Hund ist auch dabei. Ich serviere Orangensaft und wir unterhalten uns über frisch gepressten Saft. Mir fällt ein, wie ich mal in einem Supermarkt so eine Maschine gesehen hat, die einem automatisch Orangsaft gepresst hat. Der Saft war sehr teuer und ich hatte starke Bedenken wegen der Hygiene, aber das Produkt war köstlich.
Ich stehe um acht Uhr auf. Für das Frühstück und das Mittagessen hole ich beim Bäcker zwei überbackene Käsebrötchen. Dann noch spontan im Biosupermarkt meinen Lieblingsfrischkäse.
Da ich vor der Abfahrt des Shuttlebussen noch ordentlich Zeit habe, esse ich im Burger King zu Mittag. Ich esse viel zu viel. Der Geist ist wilder Bienenschwarm. Alles summt. Ich muss jetzt besonders auf Essimpulse achten. Das Herz pocht. Das Busfahrer ist so ein typischer tätowierter Busfahrer. Die Sonne kommt raus und mir wird ganz schön warm in meinem schwarzen Langarm-Shirt.
Flughafen Weeze. Auch so ein Nicht-Ort: Hier bleibt nicht einmal das kleinste Fitzelchen Seele hängen. Alles wird immer schön weggehärchert.
Die Sonne kommt raus, wärmt die blassen, tätowierten Schwabbel.
Die Angst lässt weiter nach. Jetzt ist Warten angesagt: A. ist auf dem Weg hier hin, C. sitzt im Flieger (,,Ist das das Flugzeug nach Amerika?“ – „ Nein, mein Kleiner! Das ist der Flieger die Staaten!“, Max Goldt) von Hannover nach Pula.
Pula! Perle Istriens! Heimat der Garnelen- Entkleider und der schlechten Wortspiele!
Der Flughafenkaffee ist doppelt so teuer und halb so gut wie der, den ich gewohnt bin.
Die Security schaffe ich mit Bravour. Die Leute hier sind entspannt und freundlich, erklären mir alles. Ich kann das ja richtig alleine! Wie so ein weltgewandter Erwachsener! Emotional fühle ich mich dem kleinen Mädchen verbunden, dass in diesem Erklärvideo seinen Teddy in die Sicherheitsschalte legt.
Vor dem Gate wird viel gesoffen. Ist das so billig hier? Oder haben die Leute hier so große Flugangst? Hoffentlich wollen die Besoffenen nicht alle nach Pula fliegen. Da will ich doch schon hin!
Meine Nervosität sinkt. Eine junge Frau trägt Hot Pants (heißt das wirklich so? ,,Heiße Höschen“?) und ich muss aktiv nicht hin hingucken.
Sitze im Flugzeug. Habe eine ganze Reihe für mich. Während der Sicherheitseinweisung bin ich fast der Einzige, der aufpasst . Es wäre doch arg unhöflich, den Bemühungen der Damen nicht zu folgen. Außerdem kann ich so diese eine bezaubernde Flugbegleiterin anhimmeln.
Der Abflug verzögert sich. Ich dachte immer, nur die Deutsche Bahn würde sich verspäten!
Vor mir eine Familie mit einem Baby und einem Kleinkind. Das Kleinkind ist sehr aufgeregt, die Mutter sehr müde.
Ich höre Podcast.
Auf einmal Hektik! Es geht los! Ein „Vater Unser“ später sind wir in der Luft. Gefühlt alle Leute stehen auf und holen Chips aus ihren Koffern. Es ist recht frisch hier über den Wolken und ich bin nun froh um mein Langarmshirt.
Ob es erlaubt ist, auf den freien Fensterplatz weiter zu rücken? So wie ich Ryanair einschätze, kostet das bestimmt 10 Euro. Ich traue mich. Der Ausblick ist toll und ich bestaune die Wolken von oben.
„Bevor man die Radieschen von unten betrachtet, sollte man die Wolken von oben gesehen haben!“ ist so ein Spruch wie aus einer Lufthansa-Werbung aus den 80ern.
Natürlich kommt mir altem Sack auch „Über den Wolken“ in den Sinn.
Unnatürlich ist die Fliegerei trotzdem.
Ich erinnere mich an einen früheren Flug mit Ryanair, auf dem sogar Lose verkauft wurden. Als wir noch auf dem Boden standen lief andauernd Werbung für so kleine Schnapsflaschen. Ich hatte große Sorge, dass das Letzte, was ich bei einem Absturz zu hören bekomme „Buy two and get one free!“ sein würde.
Wolken werden schnell langweilig. Ich höre weiter Podcast.
PS: Bin froh, mein reMarkable 2 eingepackt zu haben.
Es läuft alles wie am Schnürchen: Wir landen, laufen dank C.’s direkt zum Shuttlebus und werden für sechs Euro in die Stadtmitte gefaren. Dort führt uns das Schlauphone zur Unterkunft, wo C. und schon erwartet. Wir trinken noch einen Absacker in einer kleinen Kneipe nebenan (für mich gibt es Wasser).
Die Zimmer sind sehr fein, das Internet wackelig. Ich weiß noch nicht, ob ich hier zum Bloggen kommen werde.
Wir gehen auf ein Getränk zu ,,Fredi“, einer Café-Bar neben der Unterkunft. Ich trinke ein Wasser, die beiden Reisebegleiter ein Bier.
Die Menschen hier kommen mir sehr fremd vor.