Sehr unruhige Nacht. Wilde Träume, in denen ich mit Schrot auf Terroristen schieße.
Der Wecker weckt mich um sieben Uhr. So kann ich in Ruhe packen. In der kleinen Europa-Bäckerei nahe des Tito-Platzes hole ich mir ein kleines Käse-Börek zum Frühstück. Der Weg zum Bahnhof ist lang – wer aber kommt mir da entgegen? Der Thronfolger auf dem Weg zur Universität! Koper ist echt klein! Wir umarmen uns herzlich, dann muss er jedoch weiter zu seiner ersten Veranstaltung.
In der Nähe des Bahnhofes ist die Hauptpost. Dort kaufe ich Briefumschläge und Briefmarken für die Postkarten.
Wie ich erfahre, ist bei den Karten aus Pula die Tinte vermischt, bzw. verblasst. Das ärgert mich und ich werde ab jetzt nur noch den Drehgriffel mit Gelmine zum Schreiben von Postkarten verwenden.
Update zum Thema Männer, die „morgens Alkohol trinken“: Ist das hier möglicherweise die südeuropäische Art des Trinkens? Zumindest früher hat man ja wohl auch in Italien schon zeitig am Tag Wein getrunken – allerdings nicht viel davon. Zu den unterschiedlichen Trinkgewohnheiten empfehle ich das Buch „Alk“ von Simon Borowiak.
Auf der Fahrt nach Ljubljana fühle ich mich sehr eumelig. Ein Mädchen mit runder Brille auf der Nase und einem Buch in den Händen ist fröhlich aufgeregt. Sie wirkt wie aus einem anderen Jahrhundert.
Ich freue mich schon auf die große Stadt, spüre aber auch, dass ich ganz instinktiv damit beginne, meine Kraftreserven zu aktivieren. Meine Ängste halten sich zum Glück in Grenzen – auch die sozialen.
Entgegen der Angaben in den internationalen Fahrplänen muss ich nun doch nicht zusätzlich in Pivka umsteigen und dort zwei Stunden warten. Der Regionalzug fährt durch! Darüber freue ich mich sehr.
Wieder eine schöne Fahrt durch eine schöne, waldreiche Landschaft. Wieder blauer Himmel über mir. Gerne würde ich mal durch diese Lande stapfen. Vielleicht, wenn ich noch leichter him: Wandern mit 150 kg Körpergewicht wird dann doch schnell zu einer Qual.
Die Orte auf der Strecke erscheinen mir romantisch-verschlafen, dabei ist es sicher mein Blick darauf, der sowohl romantisch als auch verschlafen ist.
An einem Ort kurz vor Ljubljana heißt es dann doch noch einmal: Umsteigen! Es geht der Bus weiter! Positiv: Der Zugbegleiter bleibt die gesamte Zeit bei uns. Ein bisschen wie ein Reiseleiter.
Das Mädchen aus einer anderen Zeit entpuppt sich als süßer Backfisch.
Auf einmal sind wir da! Die Gegend um den Hauptbahnhof ist erwartungsgemäß wuselig und nichtso verträumt wie die in Koper. Allerdings lässt die Angst auf sich warten. Ist wohl in den falschen Bus gestiegen.
Beim Aussteigen nimmt der Backfisch sein Kopftuch ab und verwandelt sich in eine ganz bezaubernde junge Frau.
Das Gepäck lässt sich gut tragen, wird mir dann aber doch schnell schwer.
Im (ziemlich großen) Hotel muss ich noch auf mein Zimmer warten, da ich zu früh angekommen bin. Man bietet mir an, mein Gepäck einzuschließen, aber ich warte die halbe Stunde lieber in der Hotel-Lobby. Eine kleine Pause kann ich jetzt gut vertragen.
Das Zimmer geht zum Innenhof raus. Es ist ordentlich, sauber – allerdings sind ein paar Leuchten und der Tresor sind kaputt. Zwar brauche ich wirklich keinen Tresor, aber diesen hätte ich vielleicht doch mal ausprobiert, weil dort mein MacBook reinpassen könnte. So verstecke ich es also weiterhin unter meiner Schmutzwäsche.
In einem Café um die Ecke am Park Zvezda trinke ich einen Kaffee und esse eine Kremšnita. Schmeckt ganz gut, allerdings ist die Füllung so weich, dass ich sie beim Gabeln des Teigs zerquetsche. Der Geschmack ist aber gut.
In der Stadtbibliothek habe ich mir auch einen Reiseführer für Ljubljana ausgeliehen (Verlag ,,Reise Know-How“). Ich mache einen dort vorgeschlagenen Stadtrundgang. Dabei schlendere ich mit der Kamera durch die Gassen. Die Stadt gefällt mir sehr, denn sie hat neben dem mittealterlichen, dem barocken und dem imperial-österreichischen Flair auch eine sehr trubelieg und vor allen Dingen sehr junge Atmosphäre. In der Altstadt gibt es viele Antiquitätengeschäfte, was darauf schließen lässt, dass hier eher betuchte Touristen rumlaufen. Was ich an Preisen sonst erspähen kann, ist eher normal für eine europäische Großstadt.
An der Ljubljanica gibt es viele gemütliche Gaststätten aller Couleur. Da ich bereits eine Cremeschnitte intus habe, werde ich heute aber nichts mehr essen.
Noch vor Ende des Rundgangs sind meine körperlichen und geistigen Batterien leer und ich gehe ins Hotel. Zum einen habe ich gestern fast 30.000 Schritte gemacht (29.478, um pseudo-genau zu sein) und so eine Großstadt ist schon etwas anderes als das putzige Koper.
Nach einer gewissen Pause gehe ich doch noch eine Runde um den Block. Ich möchte mir den Kongressplatz und im Zvezda-Park die Patrizier-Säule anschauen. Als ich auf dem Platz stehe, fällt mir eindlich ein, was das für ein Gefühl ist, dass ich die ganze Zeit hier in dieser Stadt habe: Sie fühlt sich ein bisschen an wie Wien! Natürlich liegt an den Gebäuden, die auch so in der schönsten Stadt der Welt stehen könnten. Nur ist hier alles weniger imperial und protzig. Das macht mir die slowenische Hauptstadt nur noch sympathischer.
Außerdem finde ich noch ein Café, in dem es die Original Blejska Kremšnita geben soll.
Mein remarkable 2 erweist sich auch auf dieser Reise als eine praktische Reise-Schreib-Maschine. Besonders häufig schreibe ich mit der Hand, weil für das Tippen eine Unterlage fehlt. (Fast) immer und (fast) überall Schreiben und das Ergebnis dann relativ bequem weiterverarbeiten können – dieser Traum hat sich bewahrheit.