Nacht, Traum vom türkischen Bad
Ganz gute Nacht, obwohl ich die Ohrenstöpsel vergesse.
Mir träumt, meine Hausärztin gibt Gesundheitskurse in einem türkischen Bad um die Ecke. Ich habe zum Termin extra meine Schwimmsachen mitgebracht. Frau Doktor meint, ich solle schon mal mit bloßem Oberkörper ins Erdgeschoss gehen, doch das traue ich mich nicht.
Unten warten schon die anderen Kursteilnehmer. Man beäugt sich neugierig. Da fällt mir ein, dass ich meine Schwimmsachen noch oben in der Praxis der Hausärztin vergessen habe!
Schnell rennen wir hoch und holen die Tasche.
Im türkischen Bad gehen wir an Becken mit schnauzbärtigen Männern vorbei. Mir fällt auf, dass ich meine Straßenschuhe noch an den Füßen habe und schäme mich dafür.
Später sitze ich noch mit aufgeklärten, liberalen Personen an einem Tisch und wir unterhalten uns über die Politik der Grünen.
Morgen
Der Tag weckt mich um kurz vor sechs mit zartrosafarbenen Sonnenstrahlen. Ich fühle meinen Körper, der sich zu verjüngen scheint und ich fühle mich darin wohl. Das Kraftfutter nehme ich wie immer ein, die Haselnüsse darin bereiten mir weiterhin große Freude. Dann packe ich die restlichen Sachen für die Reise nach Saarbrücken zusammen (was werde ich trotz Packliste diesmal vergessen haben?) und mache mich auf den Weg zum Bahnhof. Die Sonne scheint. Der Wetterbericht hat für die nächsten Tagen etwas Regen angesagt, aber es soll warm bleiben. Ich hoffe, die alte Kunstlederübergangsjacke reicht. Die Jacke passt mir auch wieder und noch (sie wird auch immer größer). Meine Mutter würde schimpfen, dass die schon so abgegrabbelt ist, aber für diesen Frühling wird sie sicher noch reichen.
Zugfahrt
Die Zugfahrt macht Freude. Auf dem Weg nach Koblenz lese ich den Anfang vom Ende von ,,His Dark Materials“ und ein leiser Abschiedsschmerz macht sich in mir breit. Das Buch bedeutet mir doch eine ganze Menge.
In Koblenz verzögert sich die Weiterfahrt nach dem Umstieg ein wenig, weil ein junger Mann ärztlich versorgt werden muss. Der Rettungsdienst holt ihn ab. Dann geht es los. Die Strecke die Mosel entlang macht mir wieder Freude. Wie fast immer erstehe ich bei einem jungen Mann einen Becher Kaffee. Die Sonne scheint weiter auf die Weinberge.
Am Nebentisch sitzen zwei ältere Damen, die jetzt einen Auftritt von Sir Weirdness (also mich) erleben:
Der Tisch vor mir klebt ein wenig und ich finde das leicht eklig. Aus Mangel an einem Reinigungsmittel wische ich den Tisch also mit einem Papiertaschentuch und Desinfektionsmittel. Auf die Damen muss das so wirken, als wolle ich hier gleich jemanden operieren. Dann aber hole ich den aktuellen Brief von C. aus der Tasche und lese ihn (fast) wie ein Weltmann.
Die beiden Damen steigen aus (wohl aber nicht wegen mir) und als der junge Kaffeemann wieder vorbeikommt, ordern sowohl ich als auch eine neue (wesentlich jüngere) Dame gleichzeitig etwas. Kopfhörer, ein Wechsel des Luftdrucks auf den Ohren, fehlende Sicht und eine nicht zu verachtende Sprachbarriere machen die Situation käsig. Alle lachen ein wenig zu gelöst.
Rundgang durch Saarbrücken
Wir essen im japanischen Restaurant Hashimoto (ja, ich muss auch immer an die Krankheit denken!) zu Mittag. Ich esse einen Teller mit Sushi und der Thronfolger entscheidet sich für zwei recht bescheidene Streifen Fisch. Schmecken tut alles sehr gut.
Nauwieser Viertel
Ein sehr nettes, recht ordentlich durchgentrifiziertes Viertelchen in der Nähe meines Hotels. Ich sehe mehrere schöne Gelegenheiten, um fein Kaffee zu trinken.
Staden
Wir laufen danach die Saar entlang. Hier ist der ,,Staden’’, wo man gerne am Fluss picknickt. Es lässt sich gut gehen.
Eschberg
Der Thronfolger zeigt mir den Stadtteil Eschberg, der wie eine sozialistische Musterstadt aussieht. Hier scheint noch alles die Siebziger zu atmen: Mietskasernen im Plattenbaustil, ein künstlich installiertes Zentrum. Allerdings ist alles sehr gut in Schuss und es gibt einen Supermarkt, Ärzte, eine Apotheke usw. Auch ist hier nichts verwahrlost und irgendwie wirkt alles nur ein wenig zu praktisch. Irgendwie kann ich mir spontan vorstellen, hier zu leben.
Abend
Wir laufen dann durch den Wald zur Universität und dann in die Stadt. Der Thronfolger isst im Brauhaus einen ,,Gefillden’’ (einen monströsen, gefüllten Knödel), ich trinke nur Wasser. Nach dem Essen bin ich beim Anblick meines Sohnes froh, dass ich abends nichts mehr esse, denn er sieht übermäßig satt aus.
Wir laufen dann noch eine Runde über die Saar und dann verabschieden wir uns. Ich bin ganz schön platt.
Im Hotel richte ich mich erst einmal häuslich ein. Dann dusche ich mich und mache mich bettfertig. Die Müdigkeit schließt mir die Augen.

Mahnmal vor der jüdischen Synagoge

