Nacht
Wieder ganz ordentlich für eine Hotelnacht. Es machte irgendwann ,,Wumm! Wumm!“, weil jemand wohl meinte, Musik laut hören zu müssen, draußen in einem Auto.
Der Rest der Nacht war ruhig.
Traum vom Krankenhaus
Mir träumt, ich wäre mit Freund J. in einem Krankenhaus und plötzlich bricht er vor meinen Augen zusammen. Ich schicke eine Bekannte los, damit sie in einem der Büros darum bittet, den Rettungsdienst zu rufen, doch sie traut sich nicht. Also laufe ich los. Irgendwann rufe ich mit dem Handy den Rettungsdienst an. Langsam steigt Panik in mir auf, denn J. reagiert nicht auf Ansprache. Es fällt mir sehr schwer, dem Rettungsdienst den Weg zu weisen, denn hier ist alles so verwinkelt und es gibt viele Eingänge. Doch als ich draußen warte, um den Rettungswagen einzuweisen, sehe ich schon sein Blaulicht. Endlich!
Doch aus dem Rettungswagen steigen altbekannte Polizeibeamte. Der alte Kommissar schickt seinen neuesten Kollegen zum Eingang neben dem Krankenhauseingang. Meine Fragen wegen J. werden leider ignoriert. Hinter dem Nebeneingang sitzt ein Zauberer. Der junge Polizeibeamte versucht, ihn zu verhaften und aus seinem Loch zu ziehen, wird jedoch verzaubert. Seine Haare bilden Muster und brennen. Er glaubt jetzt, der Zauberer wäre ein Schamane und sein Freund.
Saar-Spaziergang
Ich checke spontan recht früh aus und laufe zum Hauptbahnhof. Dort schließe ich meinen Duffle-Bag ein. Da es bis zum Mittag noch sehr viel Zeit hat, mache ich einen Spaziergang an die Saar. Diesmal in Richtung Westen.
Der Bürgerpark besteht aus betonierter Melancholie. Ein Kormoran trocknet sein Gefieder, im Hintergrund trocknen Obdachlose ihre Wäsche. Grau, grau, grau ist die Welt am Sonntagmorgen. Die Menschen sitzen verbissen hinter ihren Lenkrädern.
Ich sammele Schritte, bemerke aber schon bald die Erschöpfung der letzten Tag. ,,Langsam! Mach langsam!“ sagt in meinem Kopf die beste Ex-Frau von allen.
Vor einer Kirche mache ich Pause und setze mich auf eine Parkbank. Am Boden sind zertretene Zigarettenstummel. Unsere ganze Welt ist voller zertretener Zigarettenstummel. Wenn die Jungs und Mädels von der Stadtreinigung nicht wären, wären wir alle längst von einer Flut von zertretenen Zigarettenstummeln erdrückt worden.
Café Bar Celona
Ich wandere weiter durch das Grau bis die ersten Regentropfen fallen. Da probiere ich mal Siri aus, damit sie mir den Weg zu einem Café weist. Es handelt sich um das Café Bar Celona und ich freue mich trotz des kalauernden Wortspiels im Namen über einen noch freien Platz. Großkampftag hat man früher zu solchen Gelegenheiten gesagt: Der ganze Laden ist gerammelt voll. Alle wollen sich mal was gönnen und ,,mal schön frühstücken“ gehen. Ich will nur einen trockenen Platz und Kaffee. Ein großes Gequake erhebt sich an die hohen Decken. Volle Münder, leere Köpfe. Neben mir die Kinderecke. Ein kleiner blonder Junge möchte die Aufmerksamkeit seiner Eltern, seine Eltern wollen einfach mal in Ruhe wo sitzen. Damit sie die nicht bekommen, spielt der Kleine sehr, sehr offensiv und laut in seiner Ecke.
Zwei schöne Mütter zeigen ihre Tattoos und ihre Kinder her. Alle so brav! Alle so nett! Alle so schön! Alle so gut gestochen!
Die Kellnerin bringt einen Sektkübel an einen Tisch. Man gönnt sich wohl sonst nichts.
Ministerium für L’Osteria
Ich treffe mich mit dem Thronfolger im L’Osteria. Das scheint für uns das traditionelle Abschiedsessen in Saarbrücken zu werden: Wagenradgroße Pizzen in der Systemgastronomie. Neben dem Schild der Gastwirtschaft hängt noch eines. Es trägt die Aufschrift ,,Ministerium für Bildung und Erziehung, Haupteingang [Pfeil]“.
Ich empfinde eine gewisse Niedlichkeit dafür, dass hier halt alles ein bisschen kleiner ist als in NRW und hoffe, dass mir das nicht als Großkotzigkeit ausgelegt wird.
Wenn man im L’Osteria auf die Toilette geht, kommt man übrigens an einem Zeiterfassungsterminal der Landesregierung vorbei. Die haben hier genau das gleiche Modell wie wir in Düsseldorf.
Auf dem Klo tönt ein italienischer Sprachkurs aus den Lautsprechern. Mir fällt auf, dass diese Aufnahmen wohl extra für die Restaurantkette produziert worden sind, denn es wird die Marke ,,L’Osteria“ explizit erwähnt.
Ich finde das lustig.
Absicht
Die freie Zeit füllt sich mit Absicht. Die Absicht will immer da sein. Sie kann den Leerlauf nicht ertragen. Alles muss ein Ziel haben, einen Sinn.
,,Wann machen Sie eigentlich auch mal nichts?“ hat mich mein Therapeut mal gefragt und ich konnte nur mit den Schultern zucken.
Ich will die Absichtslosigkeit üben, die mir bei der Meditation schon so viel geholfen hat – aber ist das nicht auch schon wieder absichtsvoll?
Völklinger Hütte
Heimfahrt. Wir passieren die Völklinger Hütte. Vor dem Industriedenkmal stehen Torpedowagen. Aus den Luken oben leuchtet es orange. Man vergisst so schnell, dass es auch noch laufende Stahlproduktion hier gibt.
Heimfahrt
Wie immer kommt mir die Fahrt an Saar und Mosel entlang wie eine Reise durch ein Märchenland vor mit den verfallenen Burgen auf den Weinbergen und den halb verfallenen, hutzeligen Städtchen am Fluß, wo aus holzgerahmten Fenstern blaunasige alte Männer schauen.
Beim Umstieg in Koblenz übe ich mich im Bezahlen mit dem Smartphone. Es klappt ganz gut, erst das Wallet aufzurufen, meine Fresse in die Kamera und dann die Teleschnecke an das Lesegerät zu halten. Leider dauert dann die Freigabe des Bezahlvorgangs dann doch immer eine ganze Weile. Notiz an mich: Auf Reisen trotzdem Toilettengeld einstecken!
Als ich in den Anschlusszug einsteige, läuft eine ganze Weile ein junger Mann hinter mir her, der gerade telefoniert und seinem Gesprächspartny davon erzählt, dass im Zug alle Toiletten defekt sind. Ich bin froh, dass ich die Umstiegspause für digital bezahlten Toilettengang genutzt habe und werde wohl auf der Fahrt keine Flüssigkeit zu mir nehmen. Die Fahrt dauert nämlich noch eine ganze Weile.
Ich schreibe mir zusätzlich: ,,Viel Trinken!“ auf die Todo-Liste für den Abend.
Abend
Ich komme gut daheim an. Tasche auspacken, Duschen, Ausruhen.