2024-06-28 Freitag

Der Schlaf wollte in der Nacht erst nicht kommen, dann war er aber gut. In der Nacht räumt jemand geräuschvoll Möbel, dann ruft jemand. Ich stehe um 5:45 Uhr auf und dusche mich. Gerne würde ich danach im Adamskostüm bleiben, aber dann werde ich auf dem Weg zur Arbeit sicher verhaftet. Also krieche ich in die Pelle, die wir Kleidung nennen.

Die Straßenbahnhaltestelle ist wie ausgestorben. Urlaubszeit, EM und dazu Freitag, was ein beliebter Homeofficetag ist. Wieviele sind wir heute eigentlich vor Ort? Bin ich alleine?


Der alte Lustgreis, der ich bin, könnte sich jetzt so richtig schön einen auf die jungen Frauen in ihren leichten und knappen Kleidern absabbern, aber dazu ist es einfach zu warm.


Mitzi Irsaj schreibt über ihre Nachbarin Franziska und mir wird warm ums Herz.


Alleine in der Bibliothek. Wie erwartet ist es sehr ruhig. Das Dienstgebäude ist leise, allerdings wirkt es auch nicht ausgestorben. In der Mittagspause schließe ich die Bibliothek kurz ab und gehe in die Kantine essen. Es gibt Heringsstip mit Kartoffeln. Ab und an esse ich ja doch noch Fisch. Schmeckt sehr gut! Zum Nachtisch italienischer Käsekuchen. Für einen kleinen Moment bin ich im Himmel.


Pünktlicher Feierabend. Rundgang durch die menschenleere Bibliothek. Wehmut, Melancholie. Gedanken an früher, an die Kindheit. Da habe ich diese Form des Alleinseins wohl häufiger gespürt. Da half nur die Flucht in mich selber hinein, in meinen eigenen Kopf.

Am Hauptbahnhof ist mal wieder die Hölle los. Eine Verbindung fällt komplett aus. Notarzteinsatz auf der Strecke. Dann irgendwo Personen im Gleis und natürlich Unwetter. Immerhin habe ich noch ein paar Stunden Zeit bis zum Theater.

Ich ärgere mich und steige dann einfach in einen Zug Richtung Bergisches Land ein. Durch die zu erwartende Verspätung werde ich eh nicht lange in Hagen warten müssen.
Es ist ein Kreuz mit der Bahn!


Mein Vater bringt mich zum Theater unter dem Hallenbad. Dort treffe ich S., Flöte kommt ein wenig später. Sein Reiseköfferchen wird spöttisch kommentiert.

Das Stück ,,Frauen in der Volksversammlung’’ finde ich faszinierend: Vor fast 2.500 Jahren hat Aristophanes die ideale kommunistische Gesellschaft formuliert, aber auch die Gründe, warum sie scheitern muss. Dazu gibt es außerordentlich derbe Beschimpfungen. Man hätte fast ein Trinkspiel machen können: Bei jedem Ausspruch des Wortes ,,Ficken’’ wird ein Schnaps getrunken. Wie ich später höre wurden weite Strecken der gegenseitigen Beschimpfungen aus dem Stück gestrichen. Das wirft die für mich hochinteressante Frage auf: War die Beschimpfung in der Zeit um 392 v. Christus ein Tabu, dass sich die Menschen offensichtlich darüber dermaßen beömmelt haben? Teile des Humors (vor allen Dingen in den Dialogen) funktionieren auch heute von wunderbar. Ich werde tatsächlich an Monty Python erinnert.

Die Musik von Christian klingt für mich übrigens überhaupt nicht japanisch. Meine Assoziation beim Hören ist jetzt auch nicht zwingend ,,griechische Antike’’ – aber ich habe ja auch überhaupt keine Vorstellung von der Musik der damaligen Zeit. Die Musik fügte sich sehr organisch in das Stück ein – so sehr, dass ich sie erst überhaupt nicht als eigenes Element bemerkt habe (dabei war ich doch darauf gespannt gewesen!). So wie ich das sehe, hat sie ihren Job sehr gut gemacht.

Es tut sehr gut, liebe Menschen zu treffen und mit ihnen zu plaudern. Besonders freue ich mich, mal meine Brieffreundin ,,in echt’’ zu sehen.

Da wir drei (Flöte, S. und ich) ja alle nach Bösperde wollen, möchten wir uns ein Taxi teilen. Meine beiden großstädtischen Freunden glauben naiverweise, dass man in Little Menden zur Geisterstunde sich mal eben ein Taxi rufen kann. Da ich diese Erfahrung schon mal durchgemacht habe, rate ich zu Geduld und Gelassenheit. Die Stimmung ist jedoch gut, das Wetter warm und irgendwann werden wir doch noch mitgenommen.

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