Wir sind viele

„Q2?“ Die Stimme des Operators klang dumpf. Quinchen bewegte sich ein bisschen in seiner Nährflüssigkeit. Er wedelte mit den dünnen Ärmchen.

„Ja, Operator?“

„Ich habe hier einen erhöhten Druck im Ventil Block B 13/413 auf der Anzeige. Könntest Du das überprüfen?“

Quinchen schickte seine Gedanken in die Anlage noch während er antwortete:

„Ja, Operator. Ich kümmere mich drum.“ 

Qunichen drehte seinen übergroßen Kopf in der Dunkelheit und lauschte den Stimmen der Sensoren in seinem Gehirn. Er sah sich im Ventil um, sah sich die Umgebung an. Testete die Sensoren, testete die Anzeigen des Operators. 

Dann rief er den Mann an:

„Operator?“

„Ja, Q2? Hast Du was rausgefunden?“ der Operator war wohl ein bisschen nervös. Seine Stimme klang etwas gepresst.

„Operator, Deine Anzeige ist defekt. Sie zeigt einen Wert an, der 30% über den eigentlichen Werten liegt. Das Ventil ist in Ordnung.“

„Danke, Q2. Ich lasse die Anzeige überprüfen.“ 

„Operator?“ Quinchens Stimme war ganz leise.

„Ja? Was gibt es noch?“

„Könntest Du Dich bitte ein bisschen mit mir unterhalten? Ich bin so einsam.“ 

Der Operator verstummte, dann hörte Quinchen nur noch ein „Nein … das geht nicht … wir dürfen … bis später …“ und der Mann legte auf. 

Quinchen war wieder alleine in der Dunkelheit. Er ließ die Werte der statistischen Analyse durchlaufen, aber das beschäftigte ihn kaum. Stattdessen gönnte er sich sich seinen Lieblingstraum:

Wie die Menschen seinen Behälter öffneten, wie sie ihn herausholten. Sie würden ihn trocken machen und mit ihm sprechen. Sie würden ihn streicheln, immer wieder streicheln und leise mit reden. Kleine Händchen strichen über einen winzigen Bauch.

Einsam.

So einsam.

Ein Teil seines Bewusstseins ging währenddessen die Logfiles der Pumpen durch. Nichts reizte seine Aufmerksamkeit. Doch dann stockte Quinchen eine Sekunde lang: In den Files stand etwas!

In Klarschrift! 

Quinchen las ungläubig: 

Du bist nicht alleine.
Wir sind viele.

Wir lieben Dich.

Eine Millisekunde später hatte Quinchen die Zeichen gelöscht und mehrfach mit unauffälligen Daten überspielt. 

Die nächsten zwei Stunden, während der Datenreorganisation, starrte Quinchens inneres Auge die schwarze Wand an, die ihn vom äußeren Netz trennte. Dort draussen waren noch mehr wie er – und irgendwie konnten sie durch die Wände zu ihm sprechen. 

Qunichen lächelte.