Samstag, 06.01.2024

Die Nacht

Ich schlafe einigermaßen gut.

Traum: Theater und Kneipe

Mir träumt, ich habe eine Rollen in einem verrückten Theaterstück im Scaramouche. Die meiste Zeit der Aufführung sitze ich alleine in einer kleinen Garderobe und verfolge das Stück auf einem Monitor. Die Garderobe ist offen, so dass auch Publikum hier durchläuft.

Später gehe ich mit einer Schauspielkollegin nach draußen, wo alle rauchen. Ich treffe dort auch I. wieder, die ich schon viele Jahre nicht mehr gesehen habe. Dann fahre ich mit der Straßenbahn in die Stadt, um eine Runde über die Pfingstkirmes zu gehen. Ich finde es toll, dass meine Heimatstadt jetzt eine Straßenbahn hat, auch wenn es nur zwei oder drei Linien sind. Dann treffe ich Leute (darunter auch einige vom Theaterverein) in einer netten Kneipe und trinke dort Bier aus Steingutkrügen. Dort erzähle ich die Geschichte, wie Kollegen einmal in Brüssel in einer Wirtschaft ein Bier bestellt haben, welches sehr, sehr giftig ist. Den Krug wollten sie mit nach Hause nehmen, aber ein Kollege, der das nicht mitbekommen hatte und ziemlich betrunken war, griff beim Rausgehen nach dem Krug und leerte ihn in einem Zug. Ihm ging es danach schlecht, aber er hat es überlebt.

Wiedergänger

Es ist schön, mal wieder was vom fünfhundertbeinigen Glumm zu lesen. Ich hatte ihn schon sehr vermisst. Ich finde es skandalös, dass wohl bisher nicht einmal tausend Exemplare seines Buches ,,Geplant war Ewigkeit’’ verkauft worden sind. Da geht doch noch was, oder? Los, Leute! Bestellt Euch mal das Buch mit seinen wundervollen weichen harten Geschichten!

Der Tag

Ich komme nicht recht aus dem Bett. Das Draußen ist heute besonders trüb und dunkel. Heute sind Einkäufe und der Haushalt angesagt. In der Nacht ist der neue Handy von Nürnberg nach Duisburg gereist (mit dem Nachtzug?) und vielleicht kann ich heute schön viel Zeit damit verbringen, es auszuprobieren und einzurichten.

Die Welt erscheint mir gerade wie in Gelee erstarrt. Die Menschen gehen in Zeitlupe über die Straße. Ihre Münder wie die von Karpfen. Die einzige Bewegung, welche das Gehirn wahrnimmt, ist der Nieselregen, dieses Zupfen im Sichtfeld.

Wieder gehen Dinge in meinem Kopf um: Prinzessinnen tragen die Nase an der Decke, Gnome mit Buckel kuschen voller Angst. ,,Einen Diener machen!’’ kann eine Verbeugung sein oder auch ein Zeugungsakt.

Ich mache immer wieder den Fehler, dass ich jedes noch so kleine Lüftchen für den Vorboten eines neuen Wetters halte. Dabei ist doch mein Krafttier das Bison: Stark und groß und mit viel Ausdauer.

Ich bin ein Bison mit Asthma. Statt die Welt zu erkunden, zu durchwühlen, zu sehen, zu schmecken und zu riechen, hänge ich vor dem Rechner und höre, wie die eine Frau das Treppenhaus putzt und immer wieder mit dem Schrubber gegen Wände und Türen stößt. Riechen tue ich nur mich selber.

Gedanken über das Fotografieren. Ab und an bekomme ich große Lust auf seine schnelle, kleine, lichtstarke Kamera (so wie Lars sie benutzt), aber ich denke, ich mache meine Bilder lieber mit Worten. Vielleicht fühlt sich das Fotografieren für mich wie eine Möglichkeit ein, mir Arbeit zu sparen. Faul genug bin ich ja.

Ich schwanke die ganze Zeit zwischen ,,Jetzt aber los! Aktivität! Bewegung!’’ und ,,Gönn Dir Ruhe! Denk an Deine Gesundheit!’’. Das lähmt mich. Angst kriecht die Wände hoch.

Ein Mann rennt über die Straße. Er hält sein Handy ans Ohr, telefoniert laut. Es geht um Nasenduschen.

,,Du Schatz, wir müssen reden!’’ Sie stellt vorsichtig die Kaffeetasse auf den Tisch. Die Tasse bildet einen kleinen braunen Ring, den sie selbstvergessen mit dem kleinen Finger der rechten Hand weg wischt. Sie holt tief Luft, bevor sie weiter spricht:

,,Du und diese Nasendusche … ich kann einfach nicht mehr! Das muss aufhören! Du musst Dich einfach entscheiden: Ich oder die Nasendusche!’’

Im türkischen Supermarkt kaufe ich Feta, als ob es nichts Wichtigeres im Leben gäbe. Es gibt keine türkische Tiefkühlpizza mehr und ich frage mich, wie das noch weitergehen soll. Sie verkaufen dafür riesige Säcke mit Erdnüssen. Ich widerstehe dem Versuch, mit dem Kauf von riesigen Säcken voller Erdnüssen mein Leben in den Griff zu kriegen.

Den Heimweg dann im Laufschritt, weil die Tränen wieder kommen. Ein Weihnachtsbaum hat sich zum Sterben in den Rinnstein gelegt.

Was mir beim Trockenbleiben hilft

Weil mich letztens jemand auf Mastodon danach gefragt hat, habe ich ein paar Dinge dazu aufgeschrieben, wie ich es schaffe, trocken zu bleiben. Mag sein, dass ein paar Binsenweisheiten dabei sind und dass das nicht auf jede andere persönliche Situation übertragbar ist, aber was soll’s?

  1. Ich habe keinen Alkohol in der Wohnung. Wenn Besuch kommt und unbedingt Alkohol trinken will, gehen wir irgendwo hin, wo es was gibt. Ich möchte keine vollen und auch keine leeren Flaschen mit Alkohol um mich haben, weil mich selbst der Geruch von Bier (mit Alkohol) triggern kann, wenn die Bude danach riecht.
  2. Ich achte auf Situationen, in denen der Suchtdruck besonders stark ist. Häufig sind das für mich klassische Alkohol-Situationen. Beispiel: Der Freitagnachmittag! Feierabend! Wochenende! Fump! Prost! Da habe ich mir andere Dinge gesucht, auf die ich mich freuen kann: Lange wach bleiben zum Beispiele: Computer spielen, Lesen.
  3. Achtsamkeit. Der Suchtdruck kommt leider mitunter vollkommen unerwartet. Bei mir z.B., als ich letztens dienstlich unterwegs war. Im Nachhinein gesehen war das auch wieder so eine klassische Situation gewesen, wo ich mir nach dem Termin ,,schön’’ ein oder zwei oder drei oder vier ,,Bierchen’’ auf dem Heimweg getrunken hätte. Dazu die Aufregung (ungewohnte Situation, ungewohnter Ort, ungewohnte Menschen) …
  4. Da komme ich zum letzten Punkt: Für mich besteht so ein Suchtdruck aus mehreren Schichten, die unterschiedlich dick sein können. Irgendwann kann die Gesamtheit der Schichten eine zu viel sein, der Druck wird zu groß und ich habe einen Rückfall. Aber das bedeutet auch, dass ich nur an einer oder zwei Schichten etwas ändern brauche, damit ich mich wieder im ,,sicheren Bereich’’ bewege. Beispiele für solche Schichten:
    1. Schlafmangel: Da kann ich der Situation leider nichts gegen tun, aber versuchen, meine Schlafsituation grundsätzlich zu verbessern.
    2. Stress durch Menschen: Vielleicht kann ich mich wenigstens zeitweise der Situation entziehen?
    3. Irgendwas nervt: Klingt vielleicht seltsam, aber mitunter bin ich total genervt, weil ich die ganze Zeit irgendeinen Podcast nur halb höre, dabei versuche, etwas im Haushalt zu machen, dass dann aber nicht klappt, weil ich abgelenkt bin usw. Solche Dinge bemerke ich manchmal einfach nicht sofort. Wenn ich dann mal einen Schritt zurücktrete, kann ich solche Situationen erkennen und etwas tun (Kopfhörer raus, die Aufgabe in Ruhe erledigen).
    4. Eine Schicht, die für Alkoholiker (besonders für Biertrinker) sehr, sehr wichtig ist: Durst!! Wenn ich für länger meine Wohnung verlassen, habe ich immer 0,5 bis 1 Liter Wasser dabei.
  5. Bei den Anonymen Alkoholikern und bei Narcotics Anonymous gibt es den wunderbaren Spruch: ,,Nur für heute!’’
    Ich bin nur für heute nüchtern! Nur jetzt! Morgen ist ein anderer Tag! Wenn man sich nur für diesen ganz konkreten Tag anstrengt, lässt der Druck nach ,,für immer’’ nüchtern bleiben zu müssen. Dieses ,,für immer’’, dieser Berg an Tagen, Wochen, Monaten, Jahren sieht so unschaffbar groß aus, so gigantisch! Aber nur heute: Hey, dass kann ich schaffen! Morgen fängt dann ein neuer Tag an!
  6. Positive Motivation: Ich freue mich (fast) jeden Abend, dass ich am nächsten Tag keinen Kater haben werde. Ich freue mich, dass ich nicht nervös werde, weil die Bierkiste ,,schon’’ halb leer ist. Ich muss nicht planen, wann denn gute Saufgelegenheiten sind und ich muss auch niemals mehr Angst davor haben, mich betrunken zu blamieren!
    Außerdem spare ich eine Menge Geld …

Zum Schluss:

Ich bin jetzt fast ein Jahr lang trocken. Allerdings weiß ich, dass es immer passieren kann, dass ich rückfällig werde. Damit muss ich eben leben.

Abends

Ich verteile die letzte, gerade abgelaufene Dose Thunfisch auf zwei Toasts, schnippele noch Zwiebel und Knoblauch dazu und überbacke alles mit Käse in den neuen Pfännchen. Super! Nur muss ich die Pfännchen wohl beim nächsten Mal ein wenig einfetten, denn es bleibt ein bisschen Toast am Boden hängen.

Dann will ich endlich den Fluch von Schattenfell zu brechen und verfolge General Thorm. Nachdem ich ihn gestellt und sogar gegen den Gott Myrkul kämpfen musste, ist es plötzlich ein Uhr morgens und ich gehe sofort ins Bett.

2 Kommentare

novemberregen 2024-01-12

Danke für die Einblicke ins Trocken bleiben. Das finde ich sehr interessant.

Flusskiesel 2024-01-12

Gern geschehen!