2022-09-21

Mittwoch, 21.09.2022 – Ungewollte Bekanntschaft

Der Schlaf wollte in der Nacht nicht kommen.

Mir träumte , ich würde macht frisch geduscht eine Treppe hoch laufen. Aus meiner Wohnungstür führten zwei Kabel runter in den Keller, wo jemand E- Gitarre spielte. Ich fühlte mich wohl wie ein Schweinchen und war voller ängstlicher Hoffnung auf eine Begegnung.

* * *

Aufgewacht mit klopfendem Herzen. Angst wohnte in mir. Ich blieb bis kurz vor sieben im Bett und versteckte mich unter meiner Bettdecke bis es besser geht. Dann schleiche ich in die Küche und frühstücke lustlos.

Im Homeoffice legt sich die Aufregung dann, nur um in der Mittagspause wieder hoch zu kochen.

Ich gehe raus, um Bargeld abzuheben und eine Postkarte einzuwerfen. Zu mittag esse ich zwei belegte Brötchen in einem Bäckerei-Café in der Hoffnung, mir so mal etwas zu gönnen. Die Unruhe verhindert jedoch, dass ich das Essen genießen kann. Zuhause geht es wieder ein wenig besser. Starker Drang wegzulaufen und mich zu verstecken. Sozialkontakt tut weh.

* * *

Nach Feierabend ein langes Gespräch mit Freund Th. Das lenkt mich ab.

Erinnerungen an die Zeit in der Klinik steigen auf:
Als es mir damals mal ziemlich schlecht ging, sagte mir ein Pfleger: „Herr Becker! Lenken Sie sich ab! Man darf sich and mal ablenken! Ablenkung wird heutzutage viel zu schlecht gemacht!“

Ich gehe zum Essen in den Finkenkrug. Während ich eine Postkarte schreibe, kommt ein junger Mann herein. Er ist sehr unruhig, setzt sich an die Theke. Sein Blick irrlichtert. Immer wieder steht er auf und läuft umher, den Bierkrug in der Hand. Er fragt mich höflich, ob er mich ansprechen darf, aber ich sage ihm freundlich, ich hätte zu tun. Später fragt er mich, ob er mir zuprosten darf. Wir prosten uns Zu. Der junge Mann tut mir leid, jedoch weiß ich: Hast Du ihn einmal an der Backe, wirst Du ihn niemals wieder los!

Trotzdem aber: Mitleid. Er sucht Anschluss, labert die Kellner an, die recht professionell reagieren. Später fragt er mich (weiterhin sehr höflich), was ich denn da schreiben würde. Ich antworte: “Tagebuch” und will ihm aber auch nichts daraus vorlesen.

“Ich habe nicht mal ein Handy dabei! Nur 200 Euro! Die habe ich…” (fuchtelt herum).

“Du bist der Einzige hier, der etwa zu sagen hat!” Dabei war ich lediglich neben ihm der Einzige im Raum, der alleine vor.

Ich entscheide mich für Pfifferlinge mit Serviettenknödel und die sind sehr lecker. Direkt danach bezahle ich und gehe nach Hause.