Montag, 10.10.2022 – Vorstationäre Aufnahme
Der Tag und die Nacht
Guter Schlaf mit Träumen voller sich bewegender, verschlungen erregter Körper.
Mir träumte ferner, ein alter Freund hätte eine uneheliche Tochter und wegen der gäbe es Ärger. Seine Mutter kam mit dem Mädchen im Schlepptau an und und sagte zu ihm, er sei ein Schwein. Der Freund meinte zu mir, er müsse “das Problem wohl mit Geld lösen”.
Später erzählte ich die Geschichte der Theatergruppe, mit der ich gerade auf Tour war. Das kleine, niedliche Nilpferd verstand jedoch nicht alles und die hübsche Elfe erklärte ihm alles unter Zuhilfenahme von Begriffen aus der Theaterwelt.
Heute habe ich frei denn ich muss zur vorstationären Aufnahme. Natürlich ist die Aufregung groß, aber nicht so schlimm wie von mir befürchtet. Ich packe meine Tasche mit den Unterlagen zusammen, frühstücke zwei Brote mit Radieschen und mache mich auf den Weg zur Straßenbahn. Überraschend bekomme ich eine frühere Bahn und im direkten Anschluss sogar den Bus.
Die Sonne scheint herrlich und die Luft ist mild und klar.
In der Klinik geht es wie am Fließband zu. Alles gut organisiert, so wie ich es mag. Es ist erstaunlich, wie viele Patienten hier für Papierkram und Auklärungsgespräche durchgeschleust werden.
Es ist erstaunlich, wie viele Patienten es gibt.
Die ersten Termine sind geschafft! Das Anästhesievorgespräch war informativ und ich habe mich für die Vollnarkose entschieden. Nun sitze ich wieder im Wartebereich.
Ein Querdenker mit OP-Maske wird aggressiv, weil er warten muss. Er böllert was von “Gesichtswindel” und „bleibt alle schön brav“. Ein anderer Typ moppert auch herum. Warum? Jeder weiß, dass eine vorstationäre Aufnahme bis zu vier Stunden dauern kann. Das steht nämlich auf dem Zettel, den hier jeder bekommen hat! Ich bin hier der Einzige, der außer dem Smartphone etwas zu Lesen und andere Beschäftigungen dabei hat. Beim Bloggen und Tagebuch führen wird mir die Zeit nicht lang.
Mir scheint, die Menschen in unserer modernen Gesellschaft verlieren ihre Impulskontrolle. In ihrer maßlosen, narzisstischen Wut darüber, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht sofort erfüllt werden, wenden sie sich autoritären Gedanken zu ohne zu verstehen, dass in autoritären Gesellschaften Menschen wie sie erst recht scheitern werden: Im Führerstaat gibt es keine Extrawürste.
Die Coronapandemie ist eine Fliegenfalle für Narzissten.
Auf dem Rückweg von der Klinik wage ich es, einen Kilometer oder so zu laufen. Das war ein Fehler: Rücken und Fuß schmerzen furchtbar. Daheim lege ich mich erst einmal hin. Nach einer Stunde wache ich auf und mir ist kalt. Bald wird es dunkel und ich habe das Gefühl, der Tag ist vorbei.
Schlaf- und Nerventee.
Ich lese weiter im Buch „Der Rhein“
Nun geht es um die eiszeitlichen Jägerinnen und Jäger, die bei Bonn und Koblenz lebten. Kurz danach geht es zurück in die Gegenwart, doch ein zartes Gefühl für die Menschen von vor tausenden von Jahren zurück – wie Hände, die man sich entgegen streckt.
Doch dann kommt ein Wort daher, dass alles zerstört:
“Logistikzentren”.