Montag, 17.04.2023
Die Nacht
Ich denke, ich schlief ganz gut. In den Träumen tauchte die eine Schauspielerin aus dem Theaterstück am Vorabend auf und das war ganz schön, denke ich.
Der Morgen
Da kam ich doch recht schlecht aus dem Bett, denn es war ja doch ein wenig spät geworden. Mit hoher Willenskraft löste ich mich aus den Armen meines weichen Bettes und meiner nicht minder weichen Traumgeliebten.
Arbeitstag? Da war doch was!
Hüpfen von Termin zu Termin. So langsam bekomme ich Sorge, dass ich von der IT mehr oder weniger shanghait werde, aber dass die Datengrundlage sauber ist, ist auch für unser Intranet wichtig. Wir holen uns das Know-How des Dienstleisters zu Hilfe, da wir zu wenig über bestimmte Filter wissen. Nach der Videoschalte weiß ich zum Glück mehr und ich kann einen hoffentlich fundierten Vorschlag machen. Da dieser Vorschlag beinhält, dass zukünftig bestimmte Dinge händisch gepflegt werden müssen, weil man sie nicht in einer logischen Abfrage erfassen kann.
Am Nachmittag schaffe ich noch eben eine Sammelrechnung (eines der letzten Überbleibsel von ,,normaler“ Bibliotheksarbeit momentan) und dann mache ich auch schon Feierabend, denn es geht wieder nach Bochum, wieder ins Theater!
Schon wieder ins Theater?
Ja! Frag doch nicht so blöd, Du Überschrift! Vor kurzem habe ich beim Umblättern der Kalenderwoche erst bemerkt, dass da ja noch Till Reiners‘ Programm ,,Flamingos am Kotti“ im Schauspielhaus Bochum geplant ist und ich da noch ein Kärtchen für im Speicher schlummern habe!
Also geht es nach der Arbeit direkt in den Zug nach Bochum.
Körpergefühl
Ich spüre, dass sich mein Körpergefühl ändert: Ich gehe aufrechter und fühle mich dynamischer. Am bisher eher geringen Gewichtsverlust kann es eigentlich nicht alleine liegen. Möglicherweise ist es eine Kombination aus ein paar verlorenen Kilos, der gesteigerten Bewegung, dem Sonnenlicht, der Abstinenz und einer momentan generell verbesserten psychischen Verfassung.
Sicher war das Wochenende doch erholsamer als ich bisher dachte und der gestrige Abend mit A. im Theater war wirklich toll.
Vielleicht sollte ich mir darüber auch keine Gedanken machen und mich stattdessen einfach freuen!
Bochum
Ich sitze auf dem Tana-Schanzara-Platz. Den jungen Leuten hier juckt der Frühling im Hintern. Aber auch alle anderen Altersklassen blühen auf.
Menschen trinken Bier, küssen sich. Studentinnen fahren Rad. Jetzt würde ich doch zu gerne einmal jung sein – wenigstens dieses eine Mal in meinem Leben! Jung war ich nämlich noch nie! Erst war ich Kind und dann ganz plötzlich wurde ich alt.
Ein bisschen schade ist das schon.
Im Theater
Als ich bei der Garderobe erfahre, dass man hier dafür nichts bezahlen muss, versuche ich lustig zu sein, indem ich sage: „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich noch mehr Jacken mitgebracht!“
Die jungen Damen hinter dem Tresen lächeln freundlich, aber leicht gequält.
Der Theatersaal gehört eindeutig den Pärchenmenschen. Ich denke, ich gehe hier als ,,seltsamer älterer Herr“ durch. Zum sitze ich ganz am Ende der Reihe, denn so komme ich wenigstens ab und zu an ein wenig Körperkontakt.
Till Reiners macht sehr gutes ,,Crowd-Working“ (so nennt man, wenn ich das richtig verstanden habe, das Herumalbern mit dem Publikum) und ich bin beeindruckt, wie spontan er auf die Leute eingeht.
Ein Mann zwei Plätze weiter und ich gackern um die Wette, so lustig finden wir das Programm.
Till Reiner ist der Meister des ,,Callbacks“ und das mag ich.
Schließfach
Nach der Vorstellung laufe ich gut gelaunt zum Bochumer Hauptbahnhof, wo ich dann noch meinen Rucksack aus dem Schließfach holen möchte. Allerdings klemmt der Schlüssel im Schloss, so dass ich ihn weder weiterdrehen noch wieder aus dem Schloss holen kann. Da es ungefähr halb elf Uhr nachts ist, finde ich auch kein Personal mehr. An einer Rufsäule finde ich die Nummer der 3-S-Zentrale in Essen. Der freundliche Herr am Telefon ist zwar hilfsbereit, kann aber auch nichts tun, da niemand mehr vor Ort ist.
Ich soll versuchen, den Schlüssel aus dem Schloss zu bekommen und er würde dem Frühdienst eine Nachricht zukommen lassen.
Trotz der blöden Situation (im Rucksack sind mein Dienst- Laptop und mein iPad) bin ich relativ gelassen. Nachdem ich aufgelegt habe, zücke ich mein Multitool (ich bin jetzt doch sehr froh, es dabei zu haben) und drehe am Schlüssel. Als ich bemerke, dass sich der Schlüsselkopf löst, knacke ich ihn kurzerhand ab (erstaunlich, was so eine Hebelwirkung leisten kann!). Immerhin kann so niemand doch noch das Fach öffnen und den Inhalt stehlen. Im schlimmsten Fall wird mir der Schlüssel in Rechnung gestellt.
Noch vor ein paar Jahren wäre ich in einer solchen Situation in totale Panik verfallen: Was, wenn jemand meine Sachen stiehlt? Ich habe auch noch was kaputt gemacht! Muss ich jetzt die ganze Nacht am Bahnhof zubringen?
So aber finde ich mich ab: Sollte jemand Laptop und iPad klauen, so kann ich daran nichts mehr ändern. Sollte man mir Schlüssel und Schloß in Rechnung stellen, so werde ich das an meine Haftpflichtversicherung schicken.
Ich kann es nicht ändern und letztendlich handelt es sich nur um ersetzbares Material. Es ist schon erstaunlich, dass ich mich mit der Zeit doch ein bisschen weiterentwickelt habe.
Till Reiners spricht in seinem Programm viel über das Erwachsensein und was das wohl so ausmache. Als Kind habe er immer gedacht, Erwachsenen seien Kinder mit Geld und ich glaube, ich sah das ähnlich.
Nun denke ich, habe ich doch irgendwie erwachsen reagiert. Mit dem Schlüsselkopf in der Tasche kann ich auf jeden Fall ruhiger schlafen als dass er noch am Schlüssel hängt, der im Schließfach steckt.
Ein Kommentar
Till Reiners finde ich großartig. Unvergesslich die heute-Show, als er spontan für Welke einsprang, weil den Corona erwischt hatte.