Wurst

Es war so weit. Der Tag war gekommen, ihr Lebenstraum würde endlich wahr werden.
Die Männer, welche das Becken vor ihr gefüllt hatten, waren nach Beendigung ihrer Arbeit gegangen. Sie waren schnell und diskret gewesen – niemand hatte dumme Fragen gestellt. Ihr hoher Lohn hatte sich als gut angelegtes Geld erwiesen.
Nun war sie alleine. Ihre Kleidung hatte sie abgelegt und stand nun nackt am Rande des Beckens. Das kleine Schwimmbecken im Keller des ehemaligen Altersheims war bis zum Rand gefüllt mit edlem burgundischem Senf. Sie nahm den Geruch des Senfes mit mehreren tiefen Atemzügen in sich auf. Herrlich brannte er ihr in der Nase. Ihre Hände glitten an den Rundungen ihres Körpers entlang. Noch war ihre Haut glatt und straff und sie hatte die begehrlichen Blicke der Arbeiter spüren können, als diese schweigend mit den Fässern aus Frankreich hantiert hatten. Doch viele Jahre wurde dieser Zustand nicht mehr anhalten und daher war diese kleine Erbschaft vor Kurzem wie ein Fingerzeig für sie gewesen, ihr großes Projekt endlich anzugehen.
Als ihre Bewegungen an sich selber immer schneller wurden, gab sie sich einen Ruck und ging die ersten Stufen hinunter. Der Senf umschloss ihre Füße, dann ihre Waden. Erst fühlte sich die gelbe Masse kühl an, doch begann ihre Schärfe, zu ziehen. Zügig stieg sie weiter hinunter, die gelbe Flut umschloss ihre Schenkel, ihre Hüften, ihre Brust. Als das Brennen einsetzte, sog sie die würzige Luft noch einmal tief ein, schloss die Augen und tauchte dann unter. Das Feuer war jetzt überall. Ein Zittern erfasste sie. Sie war am Ziel! Sie war es! Sie war die knackige Wurst: Köstlich, prall und nun endlich bereit!