Freitag, 14.10.2022 – Von Kubicki angebaggert
Der Tag und die Nacht
Die erste Hälfte der Nacht verlief sehr gut, die zweite sehr unruhig. Mir träumte, ich würde mit meinem Handballkameraden S. aus Jugendtagen mit dem Auto herumfahren.
Wir demolierten dabei auch den Hausflur einer alten Dame, die sich bei ihren Vermieter daraufhin beschwerte und uns einfangen wollte. Wir flohen über den Zaun und mussten dort gegen Skateboard-Rapper kämpfen.
Morgen früh will ich in die dafür vorgesehene Flasche urinieren und setze mich dazu auf den Rand des Bettes. Als ich mich mit dem gesunden Bein abstütze, rollt plötzlich das Bett durchs Zimmer. Die Bremse ist nicht drin. Ich muss mir ein lautes Lachen verkneifen, denn ich will meinen Zimmernachbarn nicht aufwecken.
Der Zimmergenosse wird zur OP abgeholt. Er bekommt ein neues Schultergelenk. Diesen Tag werde ich also alleine verbringen.
So alleine bin ich dann doch nicht: Ständig kommt jemand herein: Blutabnahme, Blutdruck messen, sauber machen, Pipi-Flasche wechseln, Physio-Therapie usw. usf.
Leider weiß ich noch nicht, wie die OP verlaufen ist und wie es konkret weiter geht. Eine junge Dame kommt herein und bringt mir einen Entlastungsschuh. Damit soll ich angeblich bald alleine laufen können. Ich bin gespannt.
FDP-Weirdo Wolfgang Kubicki erzählt in einem Interview, dass er Silvana Koch-Mehrin seinerzeit angebaggert habe. Sie habe das nicht schlimm gefunden – man könne sie ruhig fragen, sagte er.
Man hat sie gefragt und sie fand die Situation so unangenehm, dass sie ihren Mann zu diesem Gespräch hinzugezogen hat.
Wäre die Sache nicht so schmierig-traurig, sie wäre echt zum Lachen.
Inzwischen habe ich ein Röntgenbild meines Fußes bekommen: Es wurde nur Knochenmaterial aus dem Schienbein in die Lücke verfüllt, aber keine Platte eingesetzt. Ich denke, dass ist gut: Was nicht drin ist, muss auch nicht wieder herausgeholt werden.
Jetzt steigt in mir die Nervosität, ob es heute noch klappt dass der Physiotherapeut mir den Zauberschuh anzieht und ich mich damit bewegen kann. In diesem Fall kann ich nämlich morgen nach Hause.
Es regnet ausgiebig. Der Zimmergenosse ist von der OP zurück und schläft nun.
Die Vorfreude auf das Zuhause steigt.
Der Physiotherapeut kommt hereingepoltert. Eine rheinische Frohnatur, die andauernd Witze erzählt. Er zieht mir den Vorderfußentlastungsschuh an und ich krückel los. Gemeinsam geht es über den Gang und ein Stück durch das Treppenhaus. Alles klappt, keine Schmerzen.
Der Sozialdienst hat mit einem Haushaltsdienstleister Kontakt aufgenommen. Ich muss aber vorher noch klären, ob und wenn ja in welcher Höhe die Versicherung von den Kosten übernimmt.
Der Zimmergenosse ist noch total fertig von seiner OP, schnorchelt laut. Draußen knattert der Rettungshubschrauber. Blätter fallen von den Bäumen.
Warten aufs Abendessen.