Freitag, 04.08.2023

Die Nacht

Die Nacht war irgendwie ganz gut, glaube ich. Träume nicht erinnerlich.

Der Morgen

Ich melde mich morgens auf der Arbeit wieder gesund und trete meinen freien Tag an. Pläne sintern in meinem Kopf. Pläne, um eine Klärung herbeizuführen. Pläne, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen. Doch über diese Pläne und über deren Folgen muss ich noch gründlich nachdenken.

Fahrt ins Sauerland

Nach ein paar Besorgungen (Rezepte beim Arzt abholen, in der Apotheke einlösen) lasse ich noch die Spülmaschine durchlaufen und mache mich dann auf den Weg, meine Eltern zu besuchen.

Ich wähle die Strecke über Witten und Wetter, die mit schöner Landschaft und vielen guten Erinnerungen lockt. Allerdings werde ich wie meist den sehr knapp bemessenen Anschluss in Hagen verpassen. Immerhin kann ich dann dort zu Mittag essen.


Im Zug ins Sauerland sitzt ein junges Paar. Sie sind beide recht hübsch, höchstens 18 Jahre alt. Sie schicken sich gegenseitig in der Art, wie Turteltauben sich füttern. Dabei filmen sie sich.

Zur Fahrkartenkontrolle zeigen sie Schüler ausweise, dochdas hindert die gestrenge Kontrolleurin nicht daran, dass unzureichende Ticketvon Prinzessin Tausend schön zu bemängeln.

Im Garten scheint die Sonne.

Salat,Gurken, Tomaten, Erbsen, Bohnen: Alles sprießt und wächst.

Ein Schild hängt leicht wackelnd im Wind. „Bin im Garten“ steht darauf. Ich freue mich sehr darüber, dass das sogar stimmt.

Der Wind bringt kühle Luft. Es ist viel angenehmer als in der drückend-schwülen Stadt.

Ich lese in der Essay-Sammlung „Warum ich schreibe “ von George Orwell. Bei der Geschichte „Erinnerungen an einen Buchladen“ muss ich bei der Schilderung der typischen Londoner Antiquariatskunden des Jahres 1936 gar herzlich lachen.

Sein Bericht, wie er einmal in Myanmar einen Elefanten erschoß, weil er vor den „Einheimischen“ als weißer „Sahib“ nicht dumm dastehen wollte ist doch bedrückend.

So verfließt langsam der Nachmittag. Glocken läuten von ferne. Mutter probiert die ersten Pflaumen. Ein leichter Landregen zieht über die Felder. Ich lese kluge, aber auch kämpferische Gedanken über die Demokratie. Auch im Großbritannien des zweiten Weltkriegs wollten Menschen den Diktatoren um des lieben Friedens Willen freie Hand lassen.

Wie sich die Geschichten und Diskurse ähneln!

Obwohl ich dem alten Orwell nicht ganz traue, finde ich es wirklich bemerkenswert, wie klug er die „Alles-oder-Nicht“-Meinungen vieler seiner Zeitgenossen mit der Realität abgleicht.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich im elterlichen Wohnzimmer. Mein Vater schneidet derweil in der Küche einen Braten zu Aufschnitt. Obwohl der Braten schon kalt ist, zieht der Duft bis hin zu mir am anderen Ende der Wohnung. Ich gehe in die Küche und mein Vater schneidet mir ein Extra-Würfelchen ab. Er reicht es mir auf eine Messerspitze aufgespießt. Ich nehme es entgegen und steche es mir direkt in den Mund.

Der Braten schmeckt köstlich nach feierlich gedecktem Tisch, klirrenden Gläsern und lautem Lachen.

Leicht verzaubert gehe ich zurück ins Wohnzimmer zu Orwell.