Dienstag, 12.09.2023

Die Nacht

Wenn ich schreibe ,,What a Night!“, dann klingt das nach wilder Leidenschaft zu zweit oder mehr Leuten, aber in Wirklichkeit wälze ich mich ganz alleine durch die feuchten Kissen. Es blitzt und donnert in der Ferne und der Schweiß fließt in Strömen.

In meinen Träumen geht es hoch her. Einmal greifen die Truppen Putins an, aber wir lassen sie in eine Fall laufen. Mit Schiern an den Füßen gleiten wir an ihre Flanke heran und schießen quer durch die Stacheldrahtverhaue. Dann verschwinden wir wieder. Während wir unsere AK 47 nachladen, überrede ich eine Kameradin zum letzten Angriff. Wir tun dies für unsere Kinder!

Später besuche ich ein Hochhaus in Duisburg, wo viele Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht sind. Dummerweise fällt mir einer der kleinen Bluetooth-Kopfhörer aus dem Ohr und ich muss ständig mit dem Aufzug rauf- und runterfahren, um ihn zu suchen. Dabei habe ich ständig Angst, dass sich die Geflüchteten darüber wundern, was da für ein fremder Typ in ihrer Unterkunft herumschleicht. Als ich daheim meine AirPods heraus krame, befindet sich im Case nur ein einziger Hörer. Es gibt auch nur eine einzige Halterung für ihn. War das schon immer so?

Später träumt mir, dass ich in einer Serie für Kinder dabei bin. Verschiedene Tiere (darunter auch ein Dinosaurier) wohnen in einem Camp und jemand überredet sie, mal ,,die Hauptstadt“ zu besuchen. Also fahren sie auf Nussschalen fröhlich über einen Fluss. Als sie einmal einen kleinen Wasserfall hinunter müssen, hilft der Dino den anderen, weil er so gut schwimmen kann.

In der Stadt erwartet jeden Besucher erst einmal ein Kommando schwer bewaffneter Waräger, die eine Hinrichtung vorbereiten. So weiß jeder, der hier ankommt, dass er sich an die Regeln zu halten hat. Ich bin nun ein Zauberer und nackt bis auf ein langes Hemd. Das stört mich aber überhaupt nicht. Die Stadt ist eine Mischung aus Fantasy und Moderne: Menschen in mittelalterlicher Kleidung und Rüstung gehen in Supermärkte und kaufen Waschmittel. Dieser Stilmix gefällt mir.

Der Morgen

Ich quäle mich aus dem Bett ins Homeoffice. Dunkle Wolken ziehen über den Himmel und es sieht ein bisschen so aus, als würden bald die Horden Saurons angreifen. Allerdings würde das keinen Sinn ergeben, denn was wollen die schon in Duisburg? Hier ist doch es schon alles kaputt!

Starker Regen, ein sehr heftiges Gewitter. Die Kolleginnen in Düsseldorf berichten das Gleiche.

Gruppe

Ich mache um halb eins Uhr Feierabend, denn ich möchte mich vor der Gruppe noch Duschen. Die Strecke bis zum Therapieraum gehe ich zu Fuß. Beim Barista schreibe ich einen Text, über den ich mich sehr freue. Ob ich ihn hier veröffentlichen werde, weiß ich noch nicht. Ich muss noch ein wenig redigieren.

In der Gruppe machen wir eine Aufstellung und das ist wie immer sehr anstrengend. Allerdings passiert in mir viel und ich denke, ich weiß jetzt, in welche Richtung meine Therapie (die Ende des Jahres ja ausläuft) sich entwickeln soll.

Abends

Ich hole mir beim Dönermann eine türkische Pizza mit Salat und Hähnchen. Die esse ich bei einem alkoholfreiem Bier auf dem Balkon. Viel wird nicht mehr passieren. Vielleicht werde ich noch ein wenig im Buch Radikalisierter Konservativismus von Natascha Strobl lesen oder ich fange nebenbei noch einen schönen Roman an.