Die Nacht
Der Schlaf ist für mich ungewöhnlich tief. Ich schrecke erst gegen vier Uhr hoch.
Mir träumt, dass ich wegen den Brückenbauarbeiten statt mit dem Zug mit der Fähre von Duisburg rüber nach Düsseldorf fahren muss. Wegen des großen Andrangs gibt man sogar die Autofähren für den Personenverkehr frei. Ich bin aufgeregt, vor allem als ich bemerke, dass ich unter meinem Mantel ja noch meinen Schlafanzug trage!
Wegen der ganzen Fährerei komme ich erst recht spät in Düsseldorf an und laufe zu Fuß zur Dienststelle . Auf der Höhe des Graf-Adolph-Platzes treffe ich Kolleginnen, die sich angeregt mit ein paar jungen Leuten unterhalten. Die jungen Leute absolvieren Studiengänge für den Einsatz bei Bund und Land: Manche für den Zoll, einige für die Polizei, andere für das Arbeitsamt. Weil die Zeit langsam drängt und weil wir fast den selben Weg haben, gehen mir alle zusammen los. Neben mir läuft eine junge Frau. Sie ist recht klein und trägt die Kapuze ihres Anoraks tief in ihr Gesicht gezogen. Als sie meine neugierigen Blicke bemerkt, lässt sie die Kapuze zurückfallen und entblößt ein hübsches Gesicht mit Sommersprossen, blonden, strubbeligem Haar und grünen, frechen Augen. Sie stellt sich als „Katti“ (von „Katharina“) vor und meint, dass sie nicht stromlinienförmig durch ihr Studium gleiten wolle wie die anderen. Obwohl oder gerade weil ich ein komplett anderer Typ bin (ich versuche immer stromlinienförmig durch alles zu gleiten), finde ich das total faszinierend. Wir geraten ins Flirten und bereits als wir an ihrer Hochschule (ein beeindruckend düsterer Ziegelbau) ankommen, küssen wir uns. Sie sagt mir rap-artige Verse über die Liebe und das Leben vor und ich entgegne, dass ich meine Liebesgedichte schon vor langer Zeit verbrannt habe. Ich will sie unbedingt wiedersehen und sie mich auch und so versuche ich, eine Seite aus meinem Notizbuch herausreißen, um meine Handynummer aufzuschreiben. Doch das Notizbuch ist leider komplett voll! Hastig krame ich in meinen Taschen nach Papier. Katti wird nervös, denn zu Beginn der Vorlesung wird immer die Tür abgeschlossen und dann muss man fünf Stunden warten, bis man endlich hereinkommt. Ich möchte
auch nicht, dass sie wegen mir Ärger bekommt und werde immer hektischer. Alle Notizblöcke, alle Zettel in meiner Tasche sind bis zum Rand vollgeschrieben. Außerdem darf ich nichts auf den Boden fallen lassen, denn eine ältere Dame ist mit ihrem Dackel an der Leine hinzugekommen und das Tier will mir ständig meine Sachen wegschnappen, wobei es doch so niedlich ausschaut. Ich versuche es mit Quittungen und Mobilfunkrechnungen, aber nirgendwo ist genügend Platz für eine Telefonnummer! Es ist wie verhext!
Als ein Mann mit einer Warnweste und einem Schlüssel vorbeikommt, um die Nachzügler herein. zu lassen, schaffe ich es endlich, meine Nummer mit einem schmierigen Stift auf ein Stück Pappe zu schreiben und in ihre Hand zu drücken. Meine Befürchtungen, Katti könnte wegen der Verzögerungen sauer sein, zerstreut sie mit einem Lächeln. Wir verabreden uns sicherheitshalber bereits für heutigen Abend um halb neun vor der Hochschule, denn meine Schrift ist schwierig zu entziffern – was, wenn sie meine Handynummer nicht mehr erkennen kann. Unsere Verabschiedung fällt schüchtern aus und mit dem Gedanken ,,Das wird jetzt ein langer Arbeitstag!“ gehe ich in Richtung Dienstgebäude. Die Gegend hier ist von großen, historischen Gebäuden geprägt. Neben einem Brunnen finde ich auf dem Boden eine Apparatur, die wie die Mischung aus einem Funkgerät und einem Bluetooth-Lautsprecherwürfel aussieht. Es kommen Stimmen daraus, also handelt es sich wohl wirklich um ein Funkgerät. Ich komme mit einer Frau ins Gespräch und ich gehe davon aus, dass sie von der Polizei ist. Schnell stellt sich heraus, dass sie glaubt, ich würde mich in Mönchengladbach befinden und sie ist total verwundert, als ich ihr eröffne, dass ich mich in Düsseldorf befinde.
Ich schlage vor, dass ich ihr meine E-Mail-Adresse durchgebe, sie mir ihre Anschrift schickt und ich die Apparatur dann mit der Post dorthin versende, doch dann druckst sie herum, dass ,,das hier nicht so ganz offiziell ist“.
Mir träumt weiterhin, ich wäre der Anführer eines Heeres im Mittelalter oder einer Fantasywelt. Ich bin beim Adel nicht ganz unumstritten, doch das macht mir überhaupt nichts aus. Wir marschieren auf den überlegenen Feind zu und ich entwerfe einen fast schon verzweifelten Schlachtplan: Wenn die schwere Reiterei einen selbstmörderischen Frontalangriff startet, hat der Rest des Heeres genügend Zeit, den Feind zu umfassen und zu überrollen. Allerdings weiß ich, dass die schwere Reiterei, welche fast vollständig vom Adel gestellt wird, davon nicht gerade begeistert sein wird. Doch: Befehl ist Befehl! Kurz vor dem Aufbruch kommt ein Lakaie und eröffnet mir, dass Graf Sowieso nicht mitreiten könne, weil er unpässlich sei. Kurz entschlossen ziehe ich mein Schwerte, gehe in das Zelt des Blaublütigen und erschlage ihn, wie er da so in seinem Bett liegt und herumlamentiert.
Später im Schlachtgetümmel. Blut, Rauch und Geschrei. Ich schnappe mir einen Herold und brülle ihn an, dass er losreiten und meine Botschaft überbringen soll: Jeder, der Laufen und eine Waffe halten kann, soll jetzt angreifen. Wenn dies schnell und entschlossen geschieht, ist der Sieg unser!
Hoffentlich kommt er durch!
Fahrt zur Arbeit
Da in Wirklichkeit keine Fähre von Duisburg nach Düsseldorf geht, nehme ich die S-Bahn, dem einzigen ,,Zug“, der in Richtung Rheinland fährt. Wegen der Ferien, dem Brückentag und weil während der Sperrungen sicher viele Leute Homeoffice machen, ist es nicht sonderlich voll. Irgendwann setzt sich ein Flaschensammler zu mir in die erste Klasse. Er hustet, zieht geräuschvoll die Nase hoch und er riecht fürchterlich. Ich bin froh, als ich in Düsseldorf an die frische Luft kann.
Befindlichkeiten
Wie gestern nach der Zugfahrt habe ich eine leicht aggressive Grundstimmung, für die ich aber keine Ursache finden kann. Der Traum von Katti hängt mir noch sehr lange nach und erst, nachdem ich ihn aufgeschrieben habe, geht es mir besser.
Höllenfahrt
Die Rückfahrt in der total überfüllten S1 ist sehr unangenehm, auch wenn ich in der ersten Klasse sitzen kann. Alles ist eng und stickig. In Duisburg angekommen, bin ich heilfroh über die frische Luft.
Keine Kraft mehr für irgendwas am Abend.
Text-Challenge
Ich habe die Text-Challenge für zwei Tage gerissen weil ich einfach zu erschöpft oder (wie heute) zu genervt. Was soll’s?!
Netzfunde
Christian erklärt sehr anschaulich, warum sich Musik heutzutage irgendwie immer gleich anhört.(https://hmbl.blog/29-9-2023-die-ai-hat-alles-unter-kontrolle-gehen-sie-weiter-es-gibt-nichts-zu-sehen/)