Freitag, 20.10.2023

Ich schlafe sehr unruhig, rolle mich wälzend immer wieder an das eine Ende des Bettes. Die Träume sind wie Wellen in einem blauroten Ozean.

Der Handywecker klingelt um halb sieben. Da dies viel, viel zu früh ist, snooze ich noch in Fünf-Minuten-Häppchen bis viertel vor.

Die Betten sind schnell abgezogen und der Rest der Siebensachen flugs im Koffer verstaut. Wie von mir prophezeit, sitzen wir ab halb acht in der Küche und warten aufgeregt auf die Schlüsselübergabe um acht Uhr. Der joviale Herr von der Wohnungsvermietung ist pünktlich wie die Maurer. Ratz-Fatz, Zack-zack ist die Bude übergeben wie nix! Eine Stunde später sitzen wir im ICE nach Nürnberg. Mein Kopf tut weh, aber das tut er schon seit Tagen. Ich kann keine Ursache dafür ausmachen. Wasser trinken tue ich genug. Vielleicht das Kissen? Oder Urlaubsstress?

Die Reservierungslosen irren derweil durch den Zug. Sie suchen ihren Platz, ihre Heimat. Heimatlose Sparfüchse!

Bevor der Platz neben mir in Linz belegt wird, gehe ich mal schnell zur Toilette. Als ich die Tür öffne, ist dort schon jemand drin! Eine Frau kommt heraus und sagt: ,,Ich habe mir nur die Hände gewaschen! Sie brauchen nicht zu erröten!“ Wir lachen gelöst. Kurz schießt mir der Gedanke an meinen Briefkasten durch den Kopf. Ob er schon überquillt?

Bald sind wir wieder in Deutschland und ich verspüre darüber weder patriotische Freude noch auslandstümelndes Bedauern. Ich spüre nichts außer ein wenig Heimweh.

In Linz setzt sich ein dicker Mann neben mich. Wir quetschen uns lachend zusammen. Dann fließen wir amöbenhaft ineinander. Erst kurz vor Nürnberg kommen wir auf die Idee, dass ja einer von uns seinen Sitz etwas nach hinten kippen kann und wir beide so mehr Platz haben.

Pünktliche Ankunft in Nürnberg. Soldaten beißen in Salami-Pizzen von Dittsch. Im Hotel in Nürnberg trinken wir den Kaffeevollautomaten leer, während wir auf die Zubereitung meines Zimmers warten.

Was für ein Duschtyp ich bin? Ich mag Duschen, in die ich reinpasse!

Nürnberg – Stadt der Nürnen. Seit Jahrhunderten erzählt man sich Geschichten von diesen geisterhaften alten Frauen, die den Kindern Rostbratwürste auf das Kopfkissen legen, um sie an den Geschmack von Fleisch zu gewöhnen. Diese Kinder wählen dann später die CSU. Bei der illegalen Abtreibung gestorbene Frauen kommen als Geist zurück und so schließt sich der ewige Kreis von Wurst, CSU und Tod.

Mein Heimweh wird langsam stärker. Mir fehlen meine Schnuffelbude, mein Bett, meine gewohnte Umgebung (ich glaube, so etwas schreibe ich auf jeder Reise) und – man glaubt es kaum – meinen Mac. Übermorgen um diese Zeit bin ich wieder daheim.

Meditation im Hotelzimmer. Sie tut unglaublich gut, auch wenn ich im Sitzen zweimal fast einschlafe.

Nürnberg. Eine Bratwurst, aber als Stadt. Im ,,Weggla“ zum Wegrennen für 3,50 Euro. Mir ist furchtbar warm und es nieselt. Ich will nach Hause. Laut der Bayerischen Bratwurstverordnung (BayBratwVO) von 1734 sind wir als Touristen verpflichtet, im ,,Bratwurstglöckl“ Rostbratwürste zu essen. Wir tun unsere Pflicht und eine ältere, offensiv geschminkte Dame reicht mir einen herzförmigen Zinnteller mit kleinen, braunen Pimmeln. Die schmecken sehr lecker. Dazu alkoholfreies Weizen und der Gedanke, was ich von dem hier dargebotenen Bier mit Alk so alles in meinem Kopf schütten würde, wenn ich es denn täte.

Danach ab ins Hotel! D. und ich brauchen jeder Zeit für Rekonvaleszenz sich selber.