Samstag, 25.11.2023

Die Nacht ist unruhig, da ein Nachbar eine Party feiert. Junge Frauen lachen laut und singen mit. In meinem Kopf wabern seltsame Gedanken und Gefühle.

Ich stehe um halb sieben Uhr auf und bin aufgeregt, weil ich das erste Barcamp meines Lebens besuchen werde. Zwar werde ich nur Zuschauer sein (denke ich), aber so etwas ist für mich ja immer doch ein großes Abenteuer. Ich versuche mit viel Kraft nicht aus Nervosität noch stärker in meine Traumwelten abzugleiten wie sonst immer.

Ich ziehe die Winterjacke an und schon, als ich auf die Straße trete, klopfe ich mir innerlich für diese Entscheidung auf die Schulter.

Umstieg in Düsseldorf verläuft problemlos. Aufregung steigt. Die Welt ist trüb, feucht und kalt. Ich erinnere mich an die große Fahrt damals in den Neunzigern, wo ich meinen Sandkastenfreund auf seiner Zivildienststelle in Köln besucht habe. Was war ich ängstlich! Auf der Rückfahrt bin ich aus Versehen in Haan ausgestiegen, weil ich dachte, dass es sich um Hagen handeln würde. Dann wollte ich mir ein Ticket für die S-Bahn kaufen (mir war nicht bewusst, dass mein Bahnticket auch hier galt) und meine Bankkarte bliebt im Automaten stecken. Ich habe sie dann mit Gewalt herausgerissen (hat danach aber weiter funktioniert).

Das Bergische Land sagt ,,Guten Tag!“

In Wuppertal-Vohwinkel fängt die Schwebebahn an. Als wir noch in Erkrath gewohnt haben, bin ich mal mit dem Thronfolger (er war noch ein Kleinkind) mit der S-Bahn bis hier hin gefahren und wir haben eine Spitztour mit der Schwebebahn gemacht.

Wuppertal ist ja eine der Städte, die immer ein kleines Plätzchen in meinem Herzen haben. Sicher auch wegen der Schwebebahn (auch wenn die Wuppertaler das sicher nicht mehr hören können: Das ist etwas ganz Besonderes!), aber auch, weil ich mal mit der Kleinfamilie vor vielen Jahren das Lesefestival ,,Der Berg liest“ besucht haben und die Erinnerung an diesen Tag hängt in einem Goldrahmen in meinem inneren Palast.

Ich fotografiere einen Haufen Sticker für meinen Mastodon-Account und spaziere herum (wie froh ich um meine dicke Jacke bin!). Dann laufe ich zur VHS, wo das Barcamp stattfindet. Man versammelt sich in einer Art Cafeteria und es gibt ein einfaches Frühstück. Die Frauenquote ist zumindest zu Beginn bei recht klaren 0%. Ich bin ein wenig überrascht, nicht der Älteste hier zu sein. Jeder sitzt an seinem Tischchen und tippt oder guckt in ein Datengerät. Ich liebe den Geruch von Nerds am Morgen!

Das Barcamp ist toll! Ich bekomme viele Anregungen und lerne interessante Leute kennen. Meine Notizen schicke ich an die Arbeit.

Heimfahrt aus Wuppertal von Wuppertal-Vohwinkel nach Düsseldorf. Die Bahnhofshallle in Vohwinkel ist gespenstisch: Dunkel, hoch und still wie bereit für das Blutgericht. Die Menschen schauen in ihre Smartphones. Sie rauchen, sie saufen, sie quaken, aber sie sehen nicht das Licht der Uhr, wie es schräg auf das Dach des Bahnhofs fällt. Sie sehen nicht, wie schön die schwarzen Wolken sind, die vor dem Hintergrund des dunklen Himmels dahin ziehen.

Sie sehen nicht.

Als ich nach Hause komme, hole ich noch bei Olga Gyros Pita und wie immer überflüssigerweise Pommes dazu. Es ist viel los bei meiner Lieblingsgriechin. Ich esse die Pita halb auf und gehe dann ins Homekneiping. Es tut gut, die Freunde wieder zu sehen. Ich trinke alkoholfreies Helles und auch auch alkoholfreies Craftbier aus der Schweiz. Letzteres versöhnt mich mit dem alkoholfreiem Bier aus diesem Land.

Höhepunkt des Abends ist, als Lars den Fahrplan der Deutschen Bahn als ,,Cargo-Kult“ bezeichnet. Bei der Vorstellung, dass wir alle Fahrpläne drucken und Schilder aufstellen (,,RE 5 nach Koblenz“), während der Priester heilige Worte ruft (,,Es erhält Einfahrt der RE 5 Nach Koblenz …“), weil wir glauben, dass auf diese Weise endlich der Zug kommt, muss ich unglaublich viel lachen.