Samstag, 28.10.2023

Für eine Nacht im Hotel schlafe ich ganz gut. Träume irgendwie von den Sissi-Filmen – wohl eine Spätfolge des Aufenthalts in Wien. Mir träumt auch, dass der Thronfolger (wie immer noch ein Kind) und ich bei meinen Eltern House-Sitting machen. Ständig kommen Schwärme von Spinnen angeflogen. Die tun zwar nichts, ich ekele mich aber trotzdem vor ihnen. In der Nähe des Hühnerstalls hat man vor den Viechern seine Ruhe, weil die Hühner alle auffressen. Der Thronfolger hat sich gut um die Hühner und den Garten gekümmert und füttert das Federvieh nun mit einer Art Watte. Das sei ,,Schwabenkäse“ erklärt er auf meine Nachfrage. Dann sehe ich plötzlich Feuer im Hühnerstall, der auch auf das Nachbargrundstück übergreift! Ich lösche den Brand mit einer Gießkanne.

Der Handywecker klingelt um sieben Uhr. Ich dusche mich ausgiebig und gehe zum Frühstück runter. Das ,,Hotel Madeleine“ hat kein Frühstücksbüffett, sondern man bestellt ein Frühstück vor (kann jederzeit nachordern). Ein gutes Konzept, bei dem weniger Nahrung verschwendet wird! Auch esse ich nicht so unmäßig. Eine junge, dralle Blondine weist mich ein. Ich bin ein ganz klein wenig verknallt.

Das Frühstück ist gut, der Kaffee auch. Der Darm treibt mich jedoch zurück aufs Zimmer.

Den Thronfolger besuche ich ein seiner kleinen Soutterrain-Wohung. Dann fahren wir nach Trier. Stadt von Marx und Stadt der Porta Nigra. ,,Die älteste Stadt Deutschlands“ raunen wir uns zu. Die Porta Nigra ist ein (echtes) römisches Stadttor, welches den Stein- und Metallklau des Mittelalters nur überlebt hat, weil da ein Eremit drin gewohnt hat, der später heilig gesprochen worden ist. Das Gebäude wurde dann zur Kirche umgebaut und hat so die Jahrhunderte überstanden. Danach besuchen wir das Stadtmuseum (Simoen-Stift) direkt nebenan. Das Museum ist leider ein wenig unterwältigend: Es gibt keinen erkennbaren roten Faden. Texttafeln und Audio-Guide verlieren sich mitunter in Details, die nichts zur Sache tun (Lebenslauf eines Bildhauers, der nur kurz in Trier gewirkt hat). Viele Exponate passen zwar in die gerade vorgestellte Zeit, sind aber ohne jeden Kontext ausgestellt. Warum liegt da jetzt eine zweiläufige Jagdflinte? Warum sind da Reservistenkrüge ausgestellt?
In einer Wechselausstellung zum Thema Bilder hat man es besser gelöst: Da wird ein Ölgemälde in der Mitte der Wand durch erklärende Texte ,,seziert“: Warum trägt da einer einen Turban? Wozu ist dieses Bilde eigentlich gemalt worden? Was haben Farbgebung und Pinselstrich für eine Aussage?
Was mir im Gedächtnis bleiben wird, ist ein Schwarzweißfilm der amerikanischen Armee über die Befreiung Triers. Man sieht eine lange Kolonne deutscher Kriegsgefangener mit erhobenen Händen an der Kamera vorbeimarschieren, streng bewacht von amerikanischen GIs. Plötzlich winken sie einen der Gefangenen aus der Kolonne. Der Landser ist offensichtlich verwirrt und verängstig. Wird er jetzt erschossen? Die GIs führen ihn an die Seite und drücken ihm ein Schild in die Hand, auf dem (aus dem Gedächtnis zitiert) in etwa steht: ,,xyz. army corp. 230.000th prisoner of war“. Es fehlte in der Szene nur noch der Blumenstrauß …


Eine Ding-Dong-Stimme scheucht uns aus dem Museum. Da im empfohlenen Gewölbe-Restaurant ,,Die Glocke“ kein Tisch zu bekommen ist, gehen wir ins nahe ,,Früh“. Dem Thronfolger schmeckt das Kölsch, mir ein alkoholfreies Weizen. Uns beiden schmeckt jedem eine Grillhaxe.

Die Regionalbahn nach Saarbrücken ist wieder ganz schön voll. Ich muss mich neben (oder besser in) eine junge blonde Frau quetschen, was mir ein bisschen peinlich ist – allerdings kann ich keine 1,5 Stunden mehr stehen. Wir arrangieren uns.

Um halb neun bin ich im Hotel und komplett durch. Bionade ,,Kräuter“ an der Hotelbar gekauft wie ein Profi.